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Eisleben Eisleben: Streit der Luther-Experten

Von WOLFRAM BAHN 07.07.2011, 17:06

EISLEBEN/MZ. - Die Eisleber Heimatforscher Peter Lindner und Klaus Foth sind sauer. Anlass ihres Unmutes ist die Regionalgeschichtliche Tagung zur 500. Wiederkehr der Eisleber Neustadt, die vor knapp 14 Tagen vom Landesheimatbund in der Lutherstadt ausgerichtet wurde. Zu den Referenten, die dort unter anderem über die Geschichte der Neustadt, das Augustinerkloster und die Annenkirche sprachen, gehörten die beiden nicht, obwohl sie profunde Kenner der schwierigen Materie sind.

Vorwürfe gegen die Stiftung

Das hätten sie noch verschmerzen können, wenn ihnen nicht aufgestoßen wäre, was dort verbreitet wurde: "Es sind Dinge behauptet worden, die jeder historischen Grundlage entbehren", so Lindner, der wie Foth auch Mitglied im Verein der Mansfelder Berg- und Hüttenleute ist. Nach ihren Erkenntnissen, die sie nach Jahre langen, intensiven Recherchen und Studien gewonnen hätten, habe die Neustadt niemals Stadtrecht besessen, sagte Lindner der MZ.

Sie widersprechen damit der allgemeinen Darstellung, dass Graf Albrecht IV. von Mansfeld-Hinterort im Jahre 1501 eine Stadtgründung vollzogen hat. Vielmehr sei der Ort als das "Neue Dorf" gegründet worden, so Lindner. Später habe Albrecht von "seiner Stadt" gesprochen, ein Stadtrecht habe der Ort aber nie erhalten, wie auf der Tagung behauptet worden sei.

Sein Mitstreiter Klaus Foth, der bekannt dafür ist, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt, wirft sogar der Luthergedenkstiftung vor, sie würde versuchen, die Geschichte um die Eisleber Neustadt "neu zu erfinden". Dabei geht es vor allem um die Bedeutung der Annenkirche und Luthers Rolle bei der Gründung des Augustiner-Klosters in der Eisleber Neustadt. Foth greift dabei Christian Philippsen, den verantwortlichen Vertreter der Stiftung in Eisleben, direkt an: "Sein Hauptanliegen war und ist es, die altehrwürdige Berg- und Hüttenmannskirche St. Annen in eine Klosterkirche umzufunktionieren, oder besser zu degradieren und dabei das unbedeutendste aller Klöster im Mansfelder Land ... über alle Maße aufzuwerten", teilte er der MZ in einem Brief mit.

Sankt Annen sei für die neuen Bürger der Stadt, meist Bergbau- und Hüttenleute, errichtet worden und nicht für das Kloster. Das habe eine eigene St. Christophs-Kapelle besessen, sieht Lindner es genauso. Philippsen, der auf der Tagung zum Thema "St. Annen als Lutherort" gesprochen hatte, zeigte sich überrascht von den Angriffen. Er und die Stiftung seien weit davon entfernt, die Eisleber Stadtgeschichte auf Luther umschreiben zu wollen, sagte er auf Anfrage.

Sankt Annen solle beileibe kein neues Luther-Museum werden, so der promovierte Geschichtswissenschaftler. Er verwies seinerseits auf namhafte Experten, die belegt hätten, dass St. Annen sowohl Pfarr- als auch Klosterkirche gewesen sei. "Das ist laut Kirchenrecht möglich", sagte er. Philippsen verteidigt auch die These, dass Luther bei der Klostergründung im Jahre 1515 anwesend gewesen sei.

Nur ein Abschreibefehler?

Das bezweifeln die beiden Eisleber Heimatforscher vehement. Sie führen Urkunden ins Feld, nach denen ein Dr. Johan Luder dabei war und nicht Martin Luther - oder Luder, wie er sich damals noch schrieb. Das sei wahrscheinlich nur ein Fehler bei der Abschrift der Originalurkunde, die nicht mehr existiere, hält Philippsen dagegen.