Zukunft bei der DWG Wohnen in Dessau: Ist die Angst vor dem Abriss berechtigt?

Dessau - Die einen vergnügten sich am Sonnabend beim traditionellen gemeinsamen Wohngebietsfest der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) und des Wohnungsvereins im Stadtpark. Die anderen nutzten die Gelegenheit, ihre Sorgen an den Infoständen der beiden großen Vermieter loszuwerden.
Angst vor dem Abriss
„Meist sind die Anliegen, die an uns heran getragen werden, querbeet“, sagt Beate Rulf, Prokuristin der DWG. Manchen dürften aber auch existenzielle Fragen beschäftigen. Ob zum Beispiel das Quartier, in dem man wohnt, langfristig erhalten bleibt oder man vielleicht durch Abriss die eigene Wohnung aufgeben muss.
„Schwerpunktgebiete für den Abriss gibt es nicht. Das zieht sich quer durch unseren Bestand im gesamten Stadtgebiet“, erläutert Werner Lautenschläger, Vorstandsvorsitzender des Dessauer Wohnungsvereins. „Sicherlich kann man das Stadtzentrum vom Abriss ausschließen. Es gibt Konsens darüber, dass dieses Gebiet gestärkt und entwickelt werden soll“, ergänzt Rulf (DWG).
Am Leipziger Tor wird weiter abgerissen
Bei den übrigen Quartieren bestimmen Angebot und Nachfrage, was stehen bleibt, saniert wird und was zurückgebaut wird. Unsanierte Bestände, wie im Westen, am Zoberberg etwa oder in der südlichen Innenstadt, im Quartier rund um das Leipziger Tor, standen oder stehen großflächig leer. Hier wird auch weiter abgerissen.
„Unseren Wohnbestand zu reduzieren, wird ein Thema bleiben, wenn auch nicht mehr in der Intensität, wie noch vor einigen Jahren“, sagt Beate Rulf. Denn derzeit gibt es keine öffentlichen Fördermittel für den großflächigen Rückbau von Wohnungen.
Das Problem der Überalterung
Der Abriss muss aus dem selben Budget bezahlt werden, das den Vermietern auch für die Sanierung der Wohnbestände zur Verfügung steht. Das Dilemma der Überalterung und des weiteren Bevölkerungsschwunds wird sich auch in Zukunft wie ein roter Faden durch die Stadt ziehen.
„Wenn der Nachwuchs fehlt, gibt es weniger Geburten und die Demografie entwickelt sich ungünstig“, fasst es Lautenschläger zusammen. Rund 3.000 Wohnungen hat der Wohnungsverein derzeit noch am Markt. Tendenz sinkend. Rund 10.000 Wohnungen sind bei der DWG, dem größten städtischen Vermieter, im Bestand.
Es gibt auch Lichtblicke
Doch in der scheinbaren Abwärtsspirale gibt es auch Lichtblicke. Die DWG will nach einer weiteren Konsolidierungsphase auch das Quartier am Leipziger Tor zukunftsfest entwickeln. Einzelne Blöcke in der Friedhofstraße und Pestalozzistraße werden in den nächsten Jahren abgerissen.
Langfristig will der größte Dessau-Roßlauer Vermieter auch weitere Sanierungsmittel für seine Bestände in diesem Quartier zur Verfügung stellen. Auch der Wohnungsverein hat hier zurückgebaut, aber auch saniert.
Individualität ist gefragt
Lutz Meixner vom Stadtplanungsamt, das ebenfalls mit einem Informationsstand zum Wohngebietsfest vertreten war, sieht die Zukunft der südlichen Innenstadt nicht nur in düsteren Farben.
„In der Turmstraße oder auch im Handwerkerviertel hat sich doch vieles zum Positiven verändert“, konstatiert Meixner. Die Bedürfnisse nach der Wende haben sich gewandelt. „Die Wenigsten wollen noch in der massenindustriellen Plattenbauwohnung wohnen. Heute ist beim Wohnen Individualität und Charakter gefragt“, weiß er.
Deshalb finden sich seiner Meinung nach immer weniger Mieter für Neubauwohnungen aus der DDR. Außer sie erfüllen den Wunsch nach Individualität und Charakter, wie der DWG-Block in der Antoinettenstraße 34-38, mit zukünftig geschwungenen Balkonen und individuell saniertem Wohnraum für Neumieter. (mz)
