Wer traut sich bei Corona? Wer traut sich bei Corona?: Trotz Pandemie wurde 2020 in Dessau-Roßlau viel geheiratet

Dessau-Roßlau - „Ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß“ - Titel, Melodie und Text des Schlager-Evergreens aus den 1960er Jahren huschen einem unweigerlich durch den Kopf, wenn man in diese spezielle Abteilung vom Modehaus „Druschke Hochzeits- und Festhaus“ kommt. Da sind sie auf unzähligen Bügeln einandergereiht: Brautkleider aus edlen Materialien und unsagbar vielen, Weiß-Nuancen vom Reinweiß, Naturweiß, Perlweiß bis zur Eierschale und Elfenbein.
Der Hochzeitstag ist und bleibt für Frauen und Männer ein besonderes Datum, der schönste Tag im Leben und Anlass für erlesene Bekleidung. Und Claudia Druschke, Inhaberin des traditionsreichen Dessauer Modehauses, freut sich nicht nur als Geschäftsfrau jedes neue Mal darauf, Braut und Bräutigam für den ersten Schritt im gemeinsamen Leben auszustatten. Vom ersten Gespräch über Planung bis zur Anprobe und Anpassung begleitet Claudia Drusche die Bräute und sieht den Glanz in deren Augen leuchten.
Es wollte 2020 viel geheiratet werden in Dessau-Roßlau
Und wie sieht das nach einem Jahr Corona-Pandemie aus? Das Jahr 2020 war sehr schwer für das alteingesessene Familienunternehmen. Druschke-Moden wurde 1906 als Herrenausstatter in Gerbstedt durch Hans Druschke gegründet und zog 1933 um nach Dessau in die damalige Wallstraße. Sohn Hans-Friedrich Druschke führte es weiter und übergab an Tochter Claudia. Deren Sohn Philipp war 2017 vom Stammhaus auf die andere Seite der Kavalierstraße gewechselt und hatte dort das Hochzeitshaus eröffnet.
Und da hätte das Jahr 2020 ein sehr gutes werden können. Denn es wollte viel geheiratet werden in Dessau-Roßlau. Und besonders gern am 20. Vom Januar bis Dezember - jeder 20. Tag 2020 war als Hochzeitstermin gefragt. Weil als Datum unvergesslich. Noch bevor aber alles hätte losgehen sollen, begann im März mit dem ersten Lockdown der Niedergang.
Erst der Sommer brachte mit dem guten Wetter neue Hoffnung, der handverlesene Familienkreis öffnete sich, wenn auch unter Einschränkungen und Regeln, wieder für größere Hochzeitsgesellschaften und auch noch im August und September kamen die „Herbstbräute“ zu Claudia Druschke.
„Es gibt so viel Schönes auf der Welt. Auch in dunklen Zeiten. Und die Liebe gehört unbedingt dazu.“
Den „Verkauf auf Termin“ übrigens hatten Druschkes bereits seit März 2020 eingeführt und sind gut damit gefahren. „Das passt zu unserem Sortiment. Hochzeits- und Festkleidung kauft man sich ja nicht im Vorbeigehen. Unsere Kunden also sehen diese Regelung nicht als Problem, nehmen sich Zeit und lassen sich intensiv beraten.“ Auch für das Team im Laden sei die Arbeit viel ruhiger und entspannter.
„Es gibt so viel Schönes auf der Welt. Auch in dunklen Zeiten. Und die Liebe gehört unbedingt dazu.“ Für Kristin Poleschner ist gerade die Corona-Krise zum Anstoß geworden, sich zum Ausgleich ein zweites Standbein zu suchen. Im Alltag ist die junge Mutter zweier Kinder aus Waldersee angestellt in einem Autohaus.
Nebenberuflich hat die gebürtige Dessauerin im Mai 2020 das Gewerbe als Freie Rednerin angemeldet und begleitet Hochzeits- paare bei deren privater Zeremonie nach der Eheschließung im Standesamt. Den Ort dafür sucht sich das Brautpaar aus. Es kann die Stelle sein, an dem sich beide das erste Mal sahen oder er ihr „den Antrag“ machte. Oder einfach der Lieblingsplatz im Garten.
Die Catererbetriebe blicken mit Gruseln auf das letzte Jahr
Ihre erste Hochzeitszeremonie richtet Kristin Poleschner im Juni 2020 in der Coswiger Marina aus. „Da war ich noch ziemlich aufgeregt, hatte kein eigenes Mikrofon, aber wenigstens eine Musikbox dabei“, erinnert sich die 33-Jährige lächelnd. Inzwischen hat sie elf Paare ins Eheleben begleitet.
Leib und Seele zusammen hält vom ersten Tag an das Essen. Die Catererbetriebe blicken mit Gruseln auf das letzte Jahr. „Von Anfang November konnten zu Hochzeitsfeiern nur noch die Eltern des Brautpaares kommen“, kann Marko Stüber das Thema nur noch schwer ertragen und will am liebsten gar nichts mehr hören und sagen. „Es ist schlimm!“
Dabei ist Anhalt Event als Nachfolger vom „Party-Stüber“ seines Vaters Hans-Jörg eine angesehene Adresse in der Stadt. Wie auch die Höbel & Meyer Küchen- und Party GmbH mit Landgasthof im Haus Kühnau. „Natürlich bereiten wir Speisen für Außer-Haus-Anfrage zu, aber das ist kein Vergleich zu einer geöffneten Gaststätte“, schüttelt Olaf Höbel den Kopf. Hochzeit ist wunderbar. Aber derzeit eben auch schwer. (mz)