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Wahl in Dessau Wahl in Dessau: Offener Kanal und Netzwerk Gelebte Demokratie laden in die "Quasselbox"

Von DANNY GITtEr 14.04.2014, 20:34

DESSAU/MZ - Eine Sendung mit dem simplen Titel „wählen“ bereiten das Netzwerk Gelebte Demokratie und der Offene Kanal (OK) Dessau derzeit in Vorbereitung auf den Superwahlsonntag vor, wenn die Dessau-Roßlauer über den zukünftigen Oberbürgermeister, die Zusammensetzung des Stadtrates, die Ortschaftsräte und die politische Landschaft im Europaparlament entscheiden können. „Es soll bei uns ausdrücklich nicht um Kandidaten oder Parteien gehen“, sagt Edith Strasburger vom Offenen Kanal. „Wir wollen die Hintergründe beschreiben“, erklärt sie. Michael Conrad, der Wahlleiter der Stadt, gibt Antworten auf das ganze Wahlprozedere. Wie laufen die einzelnen Wahlen ab? Wie viele gültige Kreuze kann ich auf welchen Wahlzetteln machen? Ein französischer Praktikant des Bürgerfernsehens hat von Passanten schon Meinungen zum Thema Wahlen eingefangen.

Herzstück der zwei geplanten Sendungen von jeweils rund 30 Minuten Länge wird eine Filmcollage mit kurzen Statements von Dessau-Roßlauern sein. Dazu hat der Offene Kanal sein Studio in der Poststraße seit Anfang April in eine „Quasselbox“ verwandelt. An zwei Studiotagen, jeweils donnerstags und nach individueller Terminvereinbarung haben bisher rund zwei Dutzend Bürgerinnen und Bürger, von jung bis alt, ihre Gedanken zum Thema Wahlen geäußert.

Pfarrer erinnert sich an Wahlen in der DDR

Als befreiend fand es Dietrich Bungeroth, Pfarrer in Ruhe, nach dem Ende der DDR nicht mehr falten zu müssen. „Es war schon fast ein geflügeltes Wort damals an Wahltagen zu fragen, ob jemand schon falten war“, erinnert sich der ehemalige Pfarrer in der Quasselbox. Denn mehr war es nicht, bei vorhersehbaren eindeutigen Ergebnissen knapp unter 100 Prozent und Bleistiften statt Kugelschreibern in der Wahlkabine. „Nicht nur für die D-Mark und Reisefreiheit, sondern auch für wirklich freie und geheime Wahlen sind wir damals auf die Straße gegangen“, so Bungeroth. „Als Bürger ist man doch angesichts der Vergangenheit in zwei undemokratischen Gesellschaften nahezu verpflichtet, sein Recht, wählen zu gehen einzulösen“, sagt Susanne Hädicke, Ruheständlerin und einst Lehrerin. Das ist meistens auch mehr Last als Lust. „Es ist nicht ganz einfach sich zu entscheiden. Man muss sich da schon informieren, abwägen und vergleichen“, erzählt Hädicke.

Wie Wahlentscheidungen ganz praktischen Einfluss auf unseren Alltag haben, erläutert Michael Puttkammer, CDU-Stadtrat und Lehrer für Sozialkunde am Philanthropinum seinen Schülern immer wieder in einem Planspiel, dass da mit dem Auftrag „finde zehn Millionen Euro Ersparnis im städtischen Haushalt“ auf Dessau-Roßlau angewendet gar nicht so unrealistisch ist. „Auf dem Papier sind da meistens schnell mal zwei Millionen mit der Stilllegung des Flugplatzes und des Roßlauer Hafens eingespart. Wo aber Arbeitsplätze dranhängen“, erläutert er das Dilemma. Oder eine Million mehr fürs Theater, dafür kaum noch Museen. Politik ist ein kompliziertes Geschäft. „Wer sich informiert, der kann mit seiner Stimme ganz gezielt die Zukunft mitbestimmen“, so der Sozialkundelehrer am Philanthropinum.

Rote Karte für Rechtsextremismus

In der Wahl am 25. Mai sieht Mika Kaiyama die nächste Möglichkeit, dem Rechtsextremismus die Rote Karte zu zeigen. Der Protest am 8. März mit der Menschkette durch die Innenstadt sei großartig gewesen, aber es gebe noch weitere Möglichkeiten. „Je mehr Wähler ihre Stimme abgeben, je weniger Prozente kriegen rechtsextreme Parteien“, erklärt Kaiyama vom Bündnis „Gelebte Demokratie“.

„Mit unserer Sendung allein, werden wir sicherlich nicht die Wahlbeteiligung auf über 50 Prozent anheben“, ist Edith Strasburger realistisch. „Aber wir können zeigen, dass Politik nicht nur von ein paar Leuten im Rathaus gemacht wird, sondern wir als Wähler mit unseren Entscheidungen eine starke Plattform sind“, ergänzt Kaiyama.