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Turm des Elbzollhauses bietet einmaligen Blick

Von THOMAS STEINBERG 29.04.2010, 18:22

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - "Wir werden am 1. Mai keine große Party machen, sondern einfach die Türen öffnen", sagt Thomas Richter, der Pächter des Elbzollhauses. Vor anderthalb Jahren wurde er vom Eigentümer gebeten, ein Konzept für die beiden Gebäude zu erstellen, deren Größe sich erst dem erschließt, der vor ihnen auf dem Gelände steht. Irgendwann fiel bei Familie Richter die Entscheidung: Wir machen das selbst. "Nur eben keine Gaststätte, die haben wir schon mit dem Landhaus."

Während noch Handwerker auf dem Hof schaffen, läuft schon eine Tagung von Umweltfachleuten in der Galerie genannten Halle des Hauptgebäudes. Alles wirkt noch ein wenig improvisiert, was angesichts des Ambientes wenig stört. Die Galerie: ein großzügiger, lichter Saal zu ebener Erde mit Blick Richtung Elbe. Und erstaunlicher Weise wirken die beiden Brücken, unterhalb derer das Elbzollhaus liegt, nicht als Fremdkörper.

Ursprünglich diente das 1789 errichtete Elbzollhaus vor allem schnöden Zwecken: Hier wurden Schiffer abkassiert, die auf der Elbe unterwegs waren und Menschen, die die Elbe überqueren wollten. Zugleich, erklärt Richter, bot es damals schon Reisenden Unterkunft. Nach Abschaffung des Zollprivilegs erlebte das Ensemble eine wechselvolle Geschichte: es diente als Wohnhaus, beherbergte zeitweise wohl auch einen Ausschank, wurde vom Mitteldeutschen-Regattaverein erworben, später von Roßlau als "Station Junger Techniker" genutzt. Richter kann sich erinnern, mit der Klasse einmal mehrere Tage dort gewesen zu sein. "Wir haben uns Gitarren aus Styropor gebastelt."

1990 kam das Ende der Station. Der groß angekündigte Versuch der ehemaligen Eigentümer, eine Diamantschleiferei anzusiedeln, scheiterte kläglich. Und es wurde zwar umgebaut, aber ohne auf den Denkmalschutz Rücksicht zu nehmen. So verfügt der Turm inzwischen heute über ein auffälliges Glasdach. Von ihm aus kann man sowohl Elbe als auch Mulde sehen - seit der Speicher Wallwitzhafen unzugänglich ist, dürfte es kein zweites Gebäude in der Stadt mit diesem Blick geben.

Über acht Zimmer verfügt das Pensionsgebäude, jedes mit Mut zur Farbe individuell eingerichtet und oftmals erstaunlich groß. "Es gibt schlechtere Orte zum Übernachten", ist Richter überzeugt.

Eine reguläre Gaststätte wird es im Elbzollhaus nicht geben, das Gelände indes soll für jedermann geöffnet sein. "Die Leute können einfach hierher kommen, sich am Imbiss etwas holen, sich auf die Wiese oder die Bänke setzen, lesen, spielen." Bleibt angesichts der Lage die Frage nach dem Hochwasser. Das bereitet Richter wenig Sorgen - nur eine große Flut vermag das Gelände zu überspülen. "Als Waldersee unterging, stand auch hier alles ein paar Zentimeter unter Wasser." Ein 4,70-Meter-Hochwasser wie in diesem Jahr rauscht indes einfach am Elbzollhaus vorbei.