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Treppauf durch ein Stück Dessau

Von Annette Gens 11.09.2005, 17:37

Dessau/MZ. - Dachbalken liegen mitten mit Raum. Und dennoch: Bei einiger Vorstellungskraft lässt sich der Charme dieses Raumes nicht verleugnen.

"Wir wollen auch die Schwachstellen des Hauses zeigen" erklärte Thomas Busch vom Brauhaus-Verein während seiner Führungen zum Tag des Denkmals durch die alte Schade-Brauerei. Im Dach der alten Industriebrache gäbe es drei größere Schadstellen, die derzeit dem Regenwasser freien Lauf lassen, weiß er. Trotzdem hat das Ende der 1920er Jahre des vorigen Jahrhunderts errichtete Industriegebäude durchaus seinen Charme und vor allem ist es nicht so marode, dass es abgerissen werden müsse. Die Träger in dem Gebäudetrakt waren so auslegt, dass sie Maschinen trugen. Selbst wenn einige der Stahlstützen 20 Prozent ihrer Tragfähigkeit verloren hätten, reiche das immer noch für den Umbau zum Bürogebäude aus, versicherte Statiker Reinhard Conrad, der sich gemeinsam mit Architekten und Ingenieuren und dem Brauhaus-Verein für den Erhalt des Gebäudes und dessen Nutzung wirbt.

Unbestritten übt das letzte Stück alte Dessau zwischen Langer und Hobuschgasse erhebliche Anziehungskraft aus. So wollten bis Sonntagnachmittag rund 600 Dessauer die alte Industriebrache erkunden, über die Thomas Busch sagt, "es sei eine Schande, dass es 15 Jahre nach der Wende einen Steinwurf vom Rathaus entfernt noch solch einen Platz gibt." Das Herz vieler pocht inzwischen in der Schade-Brauerei, von dessen Dach die meisten erstaunt auf das Dessau des Nordwestens und Nordens schauen, auf Teile des Bauhauses, des Anhaltischen Theaters oder Steigenberger-Hotels, aber auch auf die Petruskirche. Viele der Besucher zum Tag des offenen Denkmals sind sicher: "Ohne Schade-Brauerei wäre Dessau wieder etwas ärmer" und bekundeten dies am Sonntagnachmittag mit ihrer Unterschrift.

Gebraut wurde in Dessau schon seit dem 16. Jahrhundert. Das Areal in der Langen Gasse wurde um 1929 vom Zerbster Architekten Kurt Elster entworfen. Besonderen Charme hat seine Glasvorhangfassade, ähnlich wie sie am Bauhaus angebracht wurde.

Elster, der zu Lebzeiten das Bauhaus kräftig kritisierte, hinterließ in Dessau etliche Spuren. Einst entwarf er die Pläne des ehemaligen AOK-Gebäudes vis a vis des Alten Theaters. Auch dieses denkmalgeschützte Haus steht heute leer. Schade für Dessau.