Töpfermarkt Töpfermarkt: Stille Bewunderer am Riesenrumtopf
Köthen/MZ. - Ganz offensichtlich hatte eine größere Naturkatastrophe spätestens am Freitagnachmittag alle Keramik zerstört, die es vordem in Köthen und Umgebung gab - wie anders wäre der überdimensional große Andrang zu erklären, den der diesjährige Töpfermarkt auf dem Neustädter Platz gefunden hat?
Sicherlich werden die Handelsleute meinen, es hätte mehr sein können, aber es war doch auffallend, wie viele Leute mit vollgepackten Taschen den Markt in Richtung Heimat verließen. Verwunderlich war es freilich nicht - das Angebot an Töpferware war umfassend; Krüge, Becher, Kannen, Schüsseln sowieso, aber auch vieles, was man gemeinhin als Schnickschnack oder Nippes bezeichnet, konnte käuflich erworben werden.
Und manches war ganz außergewöhnlich. So hatte der Vertreter einer Schultafelproduktion ordentlichen Zulauf. Bei nicht wenigen kamen angesichts der größeren und kleineren Tafeln Erinnerungen an die eigene Kindheit hoch. "So etwas", sagte eine Frau zu ihrem Mann, "haben wir früher auch gehabt" - und kaufte eine größere und eine kleinere Tafel für die Enkelkinder, nicht ohne gerührt auf ein kleines Loch am Tafelrahmen zu verweisen: "Da wird der Schwamm angebunden."
Während die Männer den ganzen keramischen Herrlichkeiten normalerweise mehrheitlich eher gleichgültig gegenüber standen und sich nicht von der Euphorie ihrer Frauen anstecken ließen, gab es an einer Stelle des Töpfermarktes ein Produkt, das auch die Männer anerkennend den Kopf wiegen ließ - ein Rumtopf, der so seine 15 bis 20 Liter gefasst haben dürfte. Der wurde zwar gleich von mehreren Herren der Schöpfung interessiert begutachtet, ein Kauf kam allerdings - zumindest in Anwesenheit des Beobachters - nicht zustande: Man will sich ja auch nichts nachsagen lassen... Am Sonntag wurde dem Töpfermarkt noch ein i-Tüpfelchen hinzugefügt. Nicht nur, dass viele Händler die Gelegenheit nutzten, Sonntags ihre Geschäfte zu öffnen - der Taschenbuchmarkt von Gondrom war zeitweise so dicht umlagert, dass man kaum an die Bücher herankam -, die Köthen Marketing GmbH hatte noch einige Veranstaltungs-Höhepunkte eingekauft.
Etwa Joe Joc, einen so genannten Walk Act, der so aussah, als würde ein Orientale von einem Flaschengeist namens Abdul Akbar Khan durch Köthens Straßen getragen. Bei der Wahrsagerin Madame Dubina wartete der Beobachter vergebens auf eine Chance, um auch mal in das Zelt zu kommen, in dem man die ganze Wahrheit über die Zukunft erfahren konnte. Zwar sah das blau-weiß gestreifte Zelt verdächtig nach einem Partypavillon aus dem Baumarkt aus, aber wenigstens am Eingang war mittels eines nachtblauen Vorgangs mit goldenen Sonnen, Monden und Sternen für geheimnisvolles Ambiente gesorgt worden. Drinnen - so viel konnte man durch die Kunststofffenster erspähen - glomm eine einsame Kerze auf dem Tisch, an dem Madame mit ihren Probanden saß. Da das Warten umsonst war, blieben zwei dringende Fragen unbeantwortet.
Erstens: Wie geht das Finalspiel zwischen Deutschland und Brasilien aus - die wurde dann im Anschluss durch Ronaldo beantwortet. Zweitens: Wann wird der Brunnen am Eingang zur Schlosspassage, neben dem Madame Dubina ihr Zelt aufgeschlagen hatte, mal wieder gründlich gereinigt? Am Sonntag sah die Wasserfassung eher nach einem angebrannten Makkaroni-Kochtopf aus - so viele Nudeln dümpelten am Grunde des Beckens eklig aussehend vor sich hin. Aber die Frage kann vielleicht von der Stadtverwaltung beantwortet werden.
Auf das größte Ein-Mann-Orchester mussten die Köthener an diesem Wochenende verzichten - da war die Köthener Planung ein bisschen durcheinander geraten. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Wenn am 1. September anlässlich der Bachfesttage die Geschäfte wieder sonntags geöffnet sind, wird "Schrotti" in Köthen zu Gast sein. Und kein Angst: Er hat auch Bach drauf...