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Tag des offenen Ateliers Tag des offenen Ateliers: Laufkundschaft für die Kunst

Von Ina Henrichs 16.09.2002, 15:53

Dessau/MZ. - Was die meisten Künstler ganz besonders lieben, sind aussichtslose Fragen nach der Bedeutung ihrer Bilder. Was sie noch weniger mögen, ist Öffentlichkeitsarbeit. Sich zu vermarkten ist ihnen ein Graus, wie Kathrin Zickler gerne zugibt. Wäre es nicht schön, würden sich die Bilder ganz aus Versehen verkaufen?

Der Tag des offenen Ateliers scheint ein kleines Geschenk: die Reklame, ist sie auch nicht besonders augenfällig, übernimmt der Fachverband. Den Akteuren bleibt lediglich die Türen zu öffnen, und gibt es kein eigenes Atelier, sind andere Plattformen zu finden: Kathrin Zickler zum Beispiel hat sich für einige Tage mit ihren Skulpturen, Bildern und wunderbaren Skizzenbüchern in die Zerbster Straße 13 eingemietet.

Die Leute kommen und gucken, und wenn nicht der Kunst wegen, so vielleicht aus reiner Chronisten-Lust: Mal sehen, wer es diesmal hier versucht, nachdem von der Fleischerei nur noch die immerklebrigen Preisschildchen auf dem Fußboden übrig sind und vom Polizeimuseum nicht mehr als die Erinnerung an eine Uniform im Schaufenster. Laufkundschaft - egal wie motiviert - ist immer gut fürs Geschäft und das Kunstverständnis.

Grit Wolf indes, die zweite von vieren, die sich an dem Wochenende präsentieren, muss man finden wollen. Einquartiert hat sie sich mit ihren Werken in der Wasserstadt 13, in eine leere Unterkunft, in der Reste geblümter Tapete von geschmacksunsicherer Wohnlichkeit zeugen. Die Textildesignerin versucht von hier aus nach einer Kinderpause ihren Wiedereinstieg in die Szene, und es sind nicht nur Bekannte oder Verwandte, die den Weg hierher finden, was als erster Erfolg gefeiert wird. Die Beleuchtung ist improvisiert, schwer zu sehen sind ihre farblosen Farbfotos im Flur. Ausgestellt hat sie aufgebaute Keramik und zum Anfassen einen aufwändig gefertigten Teppich, der sich über Boden und Wand räkelt. All das würde sie gerne auf einer Ausstellung zeigen, die leichter zugänglich ist als die Wohnung, die sie lieber "irgendwie reizvoll" nennt denn trostlos.

Wilfried Meinhardt hat als Keramiker und Maler längst einen Namen und ein einladendes Atelier in der Tornauer Straße 38, oben unterm Dach, ohne Zwischendecke und mit viel Oberlicht. Er erzählt ausgesprochen gerne über sein Kunsthandwerk von der Tülle bis zum Henkel seiner Tekannen etwa und über seine Bilder, weil sie tatsächlich noch konkrete Botschaften transportieren.

Ganz aus dem Rahmen fällt sicherlich Jürgen Ludwig, dessen Atelier in der Kornhausstraße 43 stets voller Menschen ist, die nicht eher entlassen werden, bis sie sich mit Namen und Adresse in einem Gästebuch eingetragen haben. Schließlich müsse man was tun, meint Ludwig, womit er nicht nur die Einladungen meint, die er gezielt verschickt. Wer bei ihm eines seiner handschmeichelnden Holzobjekte kauft, geht außerdem mit reichlich Informationen nach Hause. Begeistert referiert er über Mooreichen und Götterbäume, tut das sogar gelegentlich vor Schulklassen. Und er schenkt dem Besucher einen Wein passend zum Holz ein, einen Burlwood, was nichts anders heißt als Maserknolle.