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Stadtwehrleiter Stadtwehrleiter: Wenn in der Werft der Piepser ruft...

Von Ina Otto 27.01.2002, 18:20

Roßlau/MZ. - "Das war eine richtige Dorffeuerwehr. Da hat''s nicht oft gebrannt", lächelt Roland Turtschan, als er sich an Gerbitz erinnert. Gerbitz bei Bernburg. Dort, wo Roland Turtschan als 14-Jähriger zum ersten mal Kontakt zur Freiwilligen Feuerwehr hatte. Das war vor 27 Jahren. Und seit vergangenem Freitag ist Turtschan Wehrleiter bei der Freiwilligen Feuerwehr in Roßlau.

An die Elbe hat es den 41-jährigen zum ersten Mal 1977 verschlagen. Und zwar direkt ans Wasser, denn Turtschan lernte damals Stahlschiffbauer. Ursprünglich in der Schiffsreparaturwerft in Berlin. Und für eineinhalb Jahre eben auch in Roßlau.

Im Lehrlingswohnheim hat er damals gewohnt. Und seine jetzige Frau kennen gelernt. Bevor Turtschan allerdings richtig Fuß in der Elbestadt fasste, sollten noch fast vier Jahre vergehen. Denn nach der Rückkehr nach Berlin arbeitete er ein halbes Jahr als Rohrbrückenschlosser in Leuna. 19981 fing er in der Roßlauer Werft an.

Und in dieser Zeit kam er auch zu der Freiwilligen Feuerwehr Roßlau. "Das war eigentlich ein dummer Zufall", schmunzelt Roland Turtschan. Eigentlich wollte er ja nur mal vorbeigehen, sich das mal ansehen. "Aber da stand Werner Künzl auf dem Hof und meinte, ich könnte doch mitmachen". Und Turtschan sagte ja. Und zog mit seiner Frau in eine Wohnung über der damals noch mitten im Bau stehenden Feuerwache. Inzwischen ist Turtschan Schweißer, wohnt in Brambach und ist Vater eines Sohnes, Alexander. "Der hat sich aber noch nie für die Feuerwehr interessiert. Eigenartig", meint Roland Turtschan. Musik - das sei schon eher das Hobby des 17-jährigen.

Zu seinem neuen Amt als Wehrleiter kam Turtschan ebenfalls eher zufällig. Als 65-Jähriger musste nämlich Werner Künzl aus diesem Amt ausscheiden. Allerdings fand sich kein Nachfolger. "Da hab ich mich belatschern lassen", sagt er. Am Anfang fand er die Idee nämlich gar nicht so toll. "Das ist sehr zeitaufwendig. Eigentlich ein Vollzeitjob", gibt er zu. Seine Ehefrau sei deshalb bis heute noch nicht so richtig dafür, dass er dieses Amt angenommen hat. "Aber mit der Zeit wird sie vielleicht einsehen, dass das sinnvoll ist", meint Roland Turtschan. "Schließlich kenne ich meine Frau schon eine Weile", schmunzelt er.

Während der 20 Jahre bei den Roßlauer Kameraden war Turtschan bei ungezählten Einsätzen dabei. Musste Brände bekämpfen, Verletzte und Tote bergen. "Das geht einem dann schon nahe. Wenn Kinder dabei sind, ist es umso schlimmer", sagt er. Allerdings hat er kein Verständnis für Unfälle, die durch Trunkenheit am Steuer verursacht wurden. "Das war dann Eigenverschulden. Das finde ich auch unverantwortlich", erklärt Turtschan, dass er diese Art von Unfällen buchstäblich in eine "zweite Schublade" seines Gewissens packt. Dennoch ist für ihn Mensch gleich Mensch, bei jedem versucht er mit all seiner Kraft, all seinem Einsatz zu helfen.

Und ab und zu lastet seelischer Stress auf ihm. Damit musste er lernen umzugehen, genau wie jeder andere Feuerwehrmann auch. "Ich spreche dann meist mit meinen Kameraden darüber. Und mit meiner Frau. Außerdem gibt es da eine Seelsorge, wo man anrufen kann", erklärt Turtschan. Und außerdem gibt es da ja auch noch seinen Hund Caras, den Kleinen Münsterländer. "Da kann man dann auch schon mal abschalten", erzählt Roland Turtschan von den Spaziergängen in den Brambacher Elbauen. Dafür bleibt ab und zu schon mal Zeit. "Man darf das Private auch nicht in den Hintergrund stellen", sagt der Familienvater.

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