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Scheitert Hilfe am deutschen Konsulat in Erbil? Scheitert Hilfe am deutschen Konsulat in Erbil?: Familie Brefki bangt um die Mutter im Irak

Von Heidi Thiemann 24.04.2015, 09:12
Fatima Hasan (2.v.l.) im Kreise ihrer Familie Zuhause im Irak. Der herzkranken Frau kann in ihrer Heimat nicht geholfen werden.
Fatima Hasan (2.v.l.) im Kreise ihrer Familie Zuhause im Irak. Der herzkranken Frau kann in ihrer Heimat nicht geholfen werden. Brefki/Privat Lizenz

Dessau-Roßlau - „Ich dachte, das wäre schon lange erledigt“, klingt Razak Minhel überrascht am Telefon. Im Oktober vergangenen Jahres hat der Leiter des Multikulturellen Zentrums eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde abgegeben für die Irakerin Fatima Hasan Othman. Hintergrund ist, dass die 62-jährige Irakerin nach Dessau kommen könnte, um hier im Städtischen Klinikum behandelt zu werden.

Doch die herzkranke Frau ist weiterhin im Irak. Dort kann man ihr nicht helfen. Aber wann sie nach Deutschland reisen kann, steht in den Sternen. Weshalb ihre Tochter Nazdar und deren Ehemann Salahaddin Brefki den Weg in die Öffentlichkeit gesucht haben. „Die Mitteldeutsche Zeitung hat schon einmal meiner Schwester geholfen“, ist Salahaddin Brefki noch heute dafür dankbar.

Kein Termin in Erbil

Hilfe wünscht er sich nun auch für seine Schwiegermutter, doch scheitert Brefki, der seit 1996 in Dessau lebt, hier eine Familie gegründet und mittlerweile auch einen deutschen Pass hat, offenbar am deutschen Konsulat in Erbil.

„Die Ausländerbehörde in Dessau hat uns geholfen, Herr Tretschok von der Caritas hat geholfen, Herr Minhel hat alles gemacht“, ist Brefki verzweifelt, weil er im deutschen Konsulat in Erbil niemanden erreichen kann. „Bei der Visa-Abteilung nimmt niemand ab, wenn man anruft. Und wenn doch, wird auf das Internet verwiesen.“ Hier solle ein Termin vereinbart werden. Doch entweder heißt es auf der Internetseite: „An diesem Tag sind alle Termine belegt“ oder „Termine für diesen Tag können nicht gebucht werden.“ Egal, wann er auf die Internetseite gehe, es sei immer das Gleiche.

Im Oktober vergangenen Jahres hat Dr. André Dyrna, Verwaltungsdirektor des Städtischen Klinikums Dessau, bereits an Nazdar Brefki geschrieben: „In einem schweren Fall wie Ihrem kann das Klinikum im Rahmen Humanitärer Hilfe Unterstützungsleistungen im medizinischen Bereich gewähren. Wir möchten Ihnen deshalb für Ihre Mutter gern eine kostenlose Diagnostik anbieten. Das Klinikum übernimmt damit die Kosten für alle hier durchgeführten Untersuchungen.“

Klinikum steht zur Zusicherung

Die vor einem halben Jahr gemachte Zusicherung des Klinikums steht weiterhin. „Anfragen nach medizinischer Hilfeleistung für bedürftige, im Ausland lebende Patienten erreichen uns verhältnismäßig selten“, so Dyrna. „Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten versuchen wir, humanitäre Hilfe zu leisten. Behördliche Formalitäten wie Einreisebewilligungen oder Bürgschaften können auch wir nicht beeinflussen.“

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf Seite 2.

Etwas einfacher regelt sich die Hilfe für internationale Kinder. Seit rund zehn Jahren gehört das Klinikum zum Netzwerk der humanitären Hilfsorganisation „Kinder brauchen uns“ (KBU). „In diesem Zeitraum wurden im Städtischen Klinikum ein bis zwei schwer erkrankte oder verletzte Kinder pro Jahr aus Krisengebieten mit schwieriger medizinischer Versorgungslage bei uns behandelt“, so Dyrna. „Einer unserer längsten Patienten, der inzwischen zwölfjährige Najim, war in den letzten sieben Jahren fünfmal zu Behandlungen hier und fliegt demnächst in einem guten Gesundheitszustand wieder zurück in seine Heimat.“ Aktuell sind zwei Kinder aus Afghanistan in Dessau. Finanziert wird diese Hilfe durch Spendengelder und durch das ehrenamtliche Engagement aller Beteiligten.

Wie es im Fall von Fatima Hasan Othman nun weitergeht, ist offen. „Müssen wir noch mal bei Null anfangen?“, fragt Salahaddin Brefki. Eine Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung beim Auswärtigen Amt hat keine Aufklärung in dem Fall ergeben. Von dort kam nur der Verweis darauf, dass das deutsche Generalkonsulat in Erbil aufgrund der Sicherheitslage in der Region Kurdistan-Irak nur über eingeschränkte räumliche und personelle Kapazitäten verfügt. Es könne deshalb Visa für Kurzzeitaufenthalte (sogenannte Schengen-Visa) nur an einen eingeschränkten Personenkreis (z.B. offizielle Delegationen, Eilfälle medizinischer Behandlung in Deutschland) erteilen. Für alle anderen Visumantragsteller sei die deutsche Botschaft in Ankara zuständig. Verwiesen wurde außerdem auf ein Merkblatt mit Hinweisen zur Visumsbeantragung in medizinischen Notfällen auf der Webseite des Generalkonsulats.

Helfen Bundestagsabgeordnete?

Salahaddin Brefki kann nur müde lächeln. Denn alles, was dort auf dem Merkblatt stehe zu Reisepass, Schreiben des deutschen Krankenhauses usw. sei per E-Mail an das Konsulat in Erbil geschickt worden. Dort müssten also alle Unterlagen vorliegen. Der letzte E-Mail-Kontakt, den Salahddin Brefki auf seinem Handy gespeichert hat, datiert vom 28. Dezember 2014. Hier wurde nochmals nach der ärztlichen Diagnose gefragt. Das Klinikum habe sie geschickt. Danach, so Brefki, sei ihm gesagt worden, er solle einen Termin vereinbaren. Doch eben das ginge nicht.

„Man hätte ihm doch gleich einen Termin geben können“, meint Daniel Tretschok, Mitarbeiter beim Caritas-Verband, der Salahaddin Brefki bei seinen Bemühungen unterstützt. „Das ist so schade, weil alle Behörden zugestimmt haben und auch die Finanzierung abgesichert ist“, meint er zur Situation. Ärgerlich sei zudem, dass so viel Zeit verstreiche. Vielleicht, hofft der Caritas-Mitarbeiter, können die für Dessau zuständigen Bundestagsabgeordneten helfen? (mz)

Fatima Hasan Jameel und Salahaddin Brefki nach der Hilfsaktion 2010.
Fatima Hasan Jameel und Salahaddin Brefki nach der Hilfsaktion 2010.
Harnack/Archiv Lizenz