1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Schweizer JU-AIR weckt Hoffnung: Pläne der Schweizer JU-AIR: "Tante Ju" der Dessauer Junkerswerke könnte ab 2021 wieder fliegen

Schweizer JU-AIR weckt Hoffnung Pläne der Schweizer JU-AIR: "Tante Ju" der Dessauer Junkerswerke könnte ab 2021 wieder fliegen

Von Silvia Bürkmann 20.06.2019, 11:32
In den kommenden zwei Sommern 2019 und 2020 steigt keine JU-52 in den Himmel auf. Aber auf der Erde tut sich was...
In den kommenden zwei Sommern 2019 und 2020 steigt keine JU-52 in den Himmel auf. Aber auf der Erde tut sich was... JU-AIR

Dessau/Dübendorf - Das unverkennbare, sonore Brummen und Blubbern der „Tante Ju“ hat diesmal gefehlt beim Junkers-Flugplatzfest zu Pfingsten. Das fliegende Denkmal Ju 52 war europaweit nach dem Absturz einer Maschine der Schweizer JuAir im August 2018 in den Alpen außer Betrieb genommen worden.

Die Deutsche Lufthansa Stiftung stellte die Flüge ihres Oldtimers mit der Kennung D-AQUI ein und die 83-jährige, silberne Propellermaschine bis auf weiteres ab im Hangar der Lufthansa Basis Hamburg. Bis auf weiteres. Die Lufthansa denkt an eine „angemessene museale Lösung“.

Einen anderen Weg und zwar den der Grundüberholung geht die Schweizer JU-AIR mit ihrer Flotte. Die hat nunmehr noch drei historische Maschinen. Zwei davon - mit der Kennung HB HOS und HB HOP - sind „made in Dessau“ und wurden 1939 in die Schweiz überführt. Die dritte Maschine HB HOY ist zehn Jahre jünger.

Bei Piloten gilt die JU-52 als „gutmütig“ im Flug und anspruchsvoll in der Landung

Sie wurde in Lizenz beim spanischen Flugzeughersteller Casa gebaut und flog als D-CIAK bis 1976 für einen privaten Flugzeugsammler, blieb dann auf dem Flughafen Düsseldorf geparkt, ehe sie 1991 vom Verein der Freunde historischer Luftfahrt erworben und 1992 zur Restauration in die Schweiz überführt wurde. Seit 1997 fliegt die spanische „Tante“ unter neuer Kennung HB-HOY für die JU-AIR.

Bei Piloten gilt die JU-52 als „gutmütig“ im Flug und anspruchsvoll in der Landung. „Da liegt der Schwerpunkt durch das Spornrad anders als beim heute üblichen Bugrad. Das will gelernt sein“ sagt JU-AIR-Pressesprecher Christian Gartmann.
Nunmehr hat JU-AIR begonnen, ihre drei JU-52 von Grund auf zu überholen. Das heißt in Kurzform: sämtliche Systeme und Einzelteile der Flugzeuge werden so gründlich geprüft und kontrolliert, dass sie als sicher für eine bestimmte, erneute Betriebszeit zertifiziert werden können. „Die Flugzeuge gelten danach als technisch so gut wie neuwertig“, heißt es von JU-AIR.

Als Erstes werden die Flugzeuge und ihre Einzelteile digital vermessen, um dreidimensionale, computerisierte Baupläne herstellen zu können. Sämtliche sicherheitsrelevanten, tragenden Teile der Flügelkonstruktion werden aufgrund ihres Alters vorbeugend ersetzt. Da neue Teile für die über achtzigjährigen Flugzeuge nicht mehr erhältlich sind, müssen Hunderte von Einzelteilen durch dafür autorisierte Partner neu hergestellt werden.

Für das Vorhaben wurden zahlreiche Spezialunternehmen aus dem In- und Ausland verpflichtet

Das Großprojekt übernommen haben die Junkers Flugzeugwerke in Dübendorf im Schweizer Kanton Zürich. Für das Vorhaben verpflichtet wurden zahlreiche Spezialunternehmen aus dem In- und Ausland. Alle Schritte werden vom eidgenössischen Bundesamt für Zivilluftfahrt vor, bei und nach Fertigung kontrolliert.

Dazu werden zuerst die Originalteile digital vermessen. Danach werden Bauteile wie Flügel, Leitwerke und Steuerung im Computer nachmodelliert. Mit diesen Daten werden dann die Einzelteile nachgebaut. Rund 90 Prozent der Flügelteile werden so ersetzt. Die Überholung der Flügel läuft in Malters (Luzern). Rumpf, Leitwerk, Fahrwerk, Steuersystem, sowie auch alle anderen Systeme, werden derweil in Dübendorf überholt. Auch hier werden die Arbeiten durch Fachleute von zertifizierten Spezialfirmen ausgeführt.

Völlig neu werden jetzt die Antriebe der drei Flugzeuge. Für die bisherigen BMW-Sternmotoren des Typs „132“ sind keine Ersatzteile mehr verfügbar. BMW hat den Bau dieses Motortyps schon 1944 eingestellt, so JU-AIR-Pressesprecher Gartmann.

Geplant ist, dass die HB-HOS im Frühling 2021 den Flugbetrieb wieder aufnimmt

Weil also der Aufwand für einen längerfristigen Weiterbetrieb dieser BMW-Motoren in jedem Jahr größer würde, habe sich die JU-AIR dafür entschieden, sie durch „Wasp“-Sternmotoren vom Typ R-1340 von Pratt & Whitney zu ersetzen. Die „Wasp“-Sternmotoren werden zwar auch nicht mehr neu gebaut, wurden aber in großen Stückzahlen hergestellt. Und sind weltweit noch immer stark verbreitet. Grundüberholte Motoren und neuwertige Ersatzteile sind gut erhältlich.

Motoren von Pratt & Whitney waren in der JU-52 häufig anzutreffen; die Flugzeuge wurden teilweise mit den Sternmotoren des amerikanischen Herstellers ausgeliefert.
Das Flugzeug HB-HOS wird als erste der drei Maschinen grundüberholt, die anderen zwei folgen später.

Die heutige HB-HOS war im Spätsommer 1939 fabrikneu aus Dessau an die Schweizer Luftwaffe ausgeliefert worden, blieb bis 1981 in den Diensten der Armee. 1983 von der JU-AIR übernommen, gehört dieser Oldtimer ununterbrochen zu deren Flotte.

Unterm Strich sind es 2019 und 2020 zwei Sommer ohne JU am Himmel. Geplant ist, dass die HB-HOS im Frühling 2021 den Flugbetrieb wieder aufnimmt. Dann sieht Gartmann Chancen für eine Heimkehr an den Geburtsort Dessau. „Das Junkers- fest war für uns wirklich immer ein Pflichtprogramm. Aber ein sehr schönes.“ (mz)

Die drei Ju-52, über 40 Jahre bei der Schweizer Luftwaffe im Einsatz, wurden 1981 ausgemustert. Der Verein der Freunde des Museums der schweizerischen Fliegertruppen übernahm die Trägerschaft. Mit der Sammelaktion „Flieg weiter Tante Ju“ schlägt 1982 die Geburtsstunde der JU-AIR.