Oberbürgermeisterwahl in Dessau-Roßlau Oberbürgermeisterwahl in Dessau-Roßlau: MZ-Wahlforum sorgt für heißen Schlagabtausch

dessau/MZ - Es war als „großes Finale“ im OB-Kandidaten-Wahlkampf angekündigt, das Forum der Mitteldeutschen Zeitung, das am Dienstagabend im Veranstaltungszentrum Golfpark stattfand. Zumindest den Außentemperaturen nach wurde es ein heißes Finale. Und so versprach Redaktionsleiterin Carla Hanus den Gartenbesitzern unter den etwa 300 Besuchern bei der Begrüßung, dass sie noch Zeit haben werden, ihren Garten zu wässern. 21 Uhr, so das Ziel, soll das Forum beendet sein.
Problem Kommunikation
Auf die Vorstellungsrunde der Kandidaten - der MZ-Einladung waren Klemens Koschig, Peter Kuras, Andreas Mrosek, Jakob Uwe Weber, Stefan Exner und Karsten R. Lückemeyer gefolgt - verzichteten die MZ-Redakteure. „Das ist bei den vorigen Veranstaltungen und auch in der MZ zur Genüge getan worden“, erklärte Steffen Brachert, der mit Carla Hanus die Moderation übernommen hatte. OB-Kandidat Ben Naumann hatte wegen Krankheit abgesagt.
Erfahren haben die Besucher dennoch Neues über die Kandidaten. So zum Beispiel, dass Andreas Mrosek als Kanalsteuerer auch selbst Schiffe fahren darf, was ein Lotse nicht darf. „Er geht an Bord und nimmt das Steuer in die Hand“, fasste Carla Hanus zusammen. Stefan Exner verriet, dass er den Wahlkampfmarathon anstrengender findet als einen Halbmarathon, den er in seiner Freizeit gern läuft. „Aber dank des Trainings für den Marathon kann ich den Wahlkampf durchhalten.“ Das rote Telefon, das Klemens Koschig auf seinen Wahlplakaten zeigt, stehe im Heimatstübchen in der Ölmühle und stamme aus dem Roßlauer Rathaus. In seiner Zeit als Roßlauer Bürgermeister „war es die Direktverbindung zu meiner Frau“.
Nicht im Frage-Antwort-Modus wollte die MZ den Kandidaten auf den Zahn fühlen, sondern sie vielmehr animieren, auch miteinander ins Gespräch zu kommen. Aufeinander zu reagieren. Das gelang recht gut. Auch wenn es mitunter schwierig war, den Redefluss zu stoppen und hin und wieder seitens der Moderatoren ins Wort gefallen werden musste.
Ich bin eine Kämpfernatur und setze mich für Ziele mit viel Energie ein.
Wenn die Stadt entwickelt werden soll, wenn es einen Dialog zwischen Bürgern und Verwaltung geben soll, dann bin ich der richtige Partner.
Ich werde Dessau-Roßlau besser machen mit einem 130 Punkte-Programm und habe eine große Volkspartei hinter mir.
Meine Vision ist eine weltoffene ehrliche Stadt, in der sich Bürger und Touristen wohlfühlen. Ich bringe die notwendige Qualifikation, Erfahrung und Unvoreingenommenheit mit. Ich stehe für Neuanfang.
Ich bin ein Mann, der nicht viel redet, sondern anpackt. Wenn Sie wieder stolz sein wollen, Bürger dieser Stadt zu sein, dann wählen Sie mich.
Ich habe bewiesen, dass ich auch große Projekte stemmen kann, wie den Sachsen-Anhalt-Tag, an den sich vor mir keiner herangetraut hat.
Die Eingangsfrage reflektierte noch einmal die Eröffnung der Meisterhäuser in der vorigen Woche, was zwangsläufig das Gespräch auf die Themen Stadtmarketing und Bauhausstadt brachte. Großen Nachholbedarf bei der Vermarktung der Stadt sahen alle Kandidaten. Wie das passieren soll? Für Stefan Exner geht dies mit einer Stadtmarketinggesellschaft, die nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen arbeitet, Peter Kuras würde eine öffentlich-privat gemischte Gesellschaft gründen.
Mit der Frage an Stefan Exner in seiner Funktion als Stadtratspräsident, ob es im Stadtrat immer darum gegangen ist, was das Beste für die Stadt sei, gab Steffen Brachert Zündstoff in die Diskussion. Der Ton wurde rauer, die Gegenreden häufiger. Schuldfragen - zum Beispiel in der Schwimmhallenfrage - wurden gestellt. Klemens Koschig, direkt gefragt, was denn schief gelaufen sei, tat sich schwer mit einer klaren Antwort. Schnell wurde auch hier klar: Das Verhältnis zwischen Politik und Stadtverwaltung ist zerrüttet. „Jeder schiebt jedem den schwarzen Peter zu“, formulierte es Andreas Mrosek. Jakob Uwe Weber machte eine „schlimme Doppelmoral“ aus und monierte, dass die Bürger schon lange nicht mehr mitgenommen würden bei Entscheidungen, beispielsweise zur Standortfrage des Bauhausmuseums. „Das bringt viel Unzufriedenheit.“
„Die innere Zerstrittenheit wirkt nach außen, die Außendarstellung der Stadt ist katastrophal“, stellte Peter Kuras fest und kritisierte, dass um des Streites will gestritten werde. „Das ist das Problem“ Stadtratspräsident Exner hat eine andere Sicht: 90 Prozent der Beschlüsse im Stadtrat seien einstimmig gefasst worden. „Man sollte die harten und kontroversen Diskussionen darum auch positiv sehen.“ Jakob Uwe Weber schob hier die Frage ein, wie viele der Beschlüsse von der Verwaltung denn umgesetzt seien und in welcher Qualität? „Wenn Bürger die Beschlüsse nicht mehr verstehen, dann ist etwas faul.“
Den Besuchern fehlte bei den Kandidaten „etwas Selbstkritik und der Blick in die Zukunft“, fand Ilona Schön, und fragte deshalb nach deren konkreten Programmen. Die Stärkung der Wirtschaft und der Umbau der Verwaltung zum bürgerfreundlichen Dienstleister hatten alle Kandidaten auf ihrer To-do-Liste. Karsten Lückemeyer will außerdem den ticketfreien ÖPNV einführen. Ein anderer Bürger, Mitarbeiter des Umweltbundesamtes, wollte wissen, wie sie junge Familien gewinnen möchten. Nach der Kinderfreundlichkeit fragte Hendrik Fuchs, Vorsitzender des Stadtelternrates.
Entscheidungshilfe bekommen
Nach gut zweistündiger Diskussion verabschiedete Carla Hanus die Gäste und hatte damit ihr Versprechen vom Anfang gehalten. Marie und Thomas Hennich haben keinen Garten und verweilten deshalb noch einen Moment, ehe sie sich auf den Heimweg machten. Die beiden waren gekommen, „weil sie noch unschlüssig waren, wen sie wählen sollten“. Der Abend habe ihnen geholfen. „Jetzt fällt uns die Entscheidung leichter“, gingen beide zufrieden nach Hause.
