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Heftige Schläge und Tritte Mordprozess in Dessau: Yangjie Li starb an Herzversagen in Folge stumpfer Gewalt

Von Lisa Garn 15.03.2017, 09:27
Trauerort für Yangjie Li in der Haus­mann­stra­ße.
Trauerort für Yangjie Li in der Haus­mann­stra­ße. Archiv/Ruttke

Dessau - Über eine halbe Stunde trägt die Rechtsmedizinerin das Gutachten zu den Verletzungen von Yangjie Li vor. Es sind nüchtern geschilderte Fakten. Doch sie zeigen das Ausmaß der Brutalität, mit der die junge chinesische Studentin missbraucht und misshandelt wurde.

Am Fundort der Leiche in der Hausmannstraße war im Mai 2016 eine sichere Identifizierung zunächst nicht möglich. „Der Körper war übersät mit Hämatomen. Das Gesamtverletzungsmaß war erheblich“, erklärte Fachärztin Carolin Richter vom Institut für Rechtsmedizin in Halle am Dienstag vor dem Dessauer Landgericht.

Viele Verletzungen durch stumpfe Gewalt

Sie schilderte am 22. Verhandlungstag im Mordprozess Yangjie Li die Erkenntnisse aus der Leichenschau und Obduktion. Demnach hatte Yangjie Li eine Vielzahl von Verletzungen am ganzen Körper infolge stumpfer Gewalt.

Mutmaßlich durch heftige Schläge oder Tritte wurde sie misshandelt. Die Mediziner stellten Unterblutungen, Quetschungen, Schürfwunden und Schwellungen sowie Rippenbrüche fest. Vor allem im Kopfbereich waren die Verletzungen massiv. Ebenso gab es Hinweise darauf, dass sie gewürgt worden ist. Nicht auszuschließen sei, so die Medizinerin, dass Yangjie Li „für eine geraume Zeit bewusstlos“ war.

Yangjie Li ist am 12. Mai an Herzversagen gestorben

Yangjie Li war am 11. Mai gegen 21.30 Uhr in das Haus in der Johannisstraße gelockt worden. Die Anklage geht davon aus, dass Yangjie Li in der Tatwohnung noch gelebt hatte und dann zum Hinterhaus unter die Konifere transportiert worden ist. Dort wurde sie am 13. Mai tot gefunden.

Die Gerichtsmedizinerin konnte den Todeszeitpunkt am Dienstag nicht genau eingrenzen: Er könnte am frühen Morgen des 12. Mai beziehungsweise in den Stunden danach eingetreten sein. Gestorben war die junge Chinesin an Herzversagen infolge einer so genannten Lungenfettembolie, erklärte die Fachärztin.

Durch die Gewalt wurde unter anderem das Fettgewebe zertrümmert, Tröpfchen gelangten in die Blutbahn und in die Lunge. Es kommt in der Folge zu einem Verschluss und das Herz versagt schließlich.

Todesursache und die Art der Gewalt sind relevant für das finale Strafmaß

Ob es einen Ertränkungsversuch gegeben hatte, konnte die Medizinerin nicht mit Bestimmtheit sagen. In ihrem Teilgeständnis im Januar hatte die Angeklagte Xenia I. ausgesagt, dass ihr damaliger Freund Sebastian F. den Kopf von Yangjie Li in einen Wassereimer gehalten habe.

Die Todesursache und die Frage, in welchem Ausmaß Yangjie Li misshandelt worden ist, könnte bei einem Schuldspruch für das Strafmaß von Bedeutung sein. Für einen Mordvorwurf ist beispielsweise die „Befriedigung des Geschlechtstriebs“ ein Merkmal. Dafür würde genügen, dass der Tod billigend in Kauf genommen wurde.

Hinweise auf genutzte Werkzeuge während der Tat gab es nicht

Die Schilderungen der Verletzungen hatten am Dienstag große Betroffenheit im Zuschauerraum ausgelöst. Zuvor waren die Blutspuren in der Tatwohnung in der Johannisstraße ausgewertet worden.

In einem der Räume, in dem auch eine Couch stand, wurden über 300 Spuren gesichert, erklärte Dr. Dankwart Stiller vom Institut für Rechtsmedizin in Halle. Laut Gutachten war Blut an Tür, Boden, Wänden und bis zur Decke zu finden. Dies lasse laut Stiller auch darauf schließen, dass Verletzungen in der Bewegung und mit hoher Gewaltanwendung entstanden sind.

Hinweise auf genutzte Werkzeuge gab es nicht. Ob eine oder mehrere Personen an der Tat beteiligt gewesen waren, lasse sich aus der Spurenlage aber nicht ableiten.

Blutspuren in der Wohnung und an der Kleidung von Sebastian F. gefunden

Zudem haben die Ermittler Blut an der Feuerwehrhose, an Feuerwehrstiefeln sowie Arbeitsschuhen von Sebastian F. entdeckt. Die Feuerwehrkleidung soll der Angeklagte nicht bei der Tat getragen, allerdings könnte er sie zum Transport der Leiche angezogen haben.

„Das passt anstandslos zueinander“, so Stiller. Auch an einem Wischmopp fand sich Blut. „Die Spuren in der Wohnung waren mit bloßem Auge zu erkennen“, so der Rechtsmediziner. Andere zeigten sich durch Luminol, einer Chemikalie, die Blut sichtbar macht. „Es wurde großflächig versucht, sauber zu machen“, erklärte Stiller. Vor allem unter der Eingangstür. „Es leuchtete großflächig. Das habe ich selten gesehen.“

Der Prozess wird am 27. März fortgesetzt. Dann sollen Polizisten zur Auswertung neuer Handydaten der Angeklagten aussagen. (mz)