Mordfall Yangjie Li Mordfall Yangjie Li in Dessau: Mutter von Sebastian F. wird mehrere Monate nicht aussagen können

Dessau-Roßlau - Eine wichtige Zeugenaussage bleibt dem Landgericht Dessau-Roßlau verwehrt: Im Verfahren um die Ermordung der chinesischen Studentin Yangjie Li kann und muss die Mutter des Angeklagten Sebastian F. nicht aussagen.
Die Dessauer Polizistin, die seit mehreren Monaten krankgeschrieben ist, hatte außerhalb des Gerichts schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. So hatte die Frau gemeinsam mit ihrem Mann, dem ehemaligen Chef des Polizeireviers, ein Gartenlokal eröffnet - unmittelbar nach der Trauerfeier für Yangjie Li.
Verhandlungsunfähigkeit der Mutter wird voraussichtlich für mehrere Monate fortbestehen
Das Ergebnis der gerichtlich angeforderten amtsärztlichen Untersuchung der Zeugin Ramona S. war am Dienstag der erste und einzige Paukenschlag am 25. Verhandlungstag.
Richterin Uda Schmidt fasste das Gutachten so zusammen: „Die Verhandlungsunfähigkeit der Mutter des Angeklagten Sebastian F. wird voraussichtlich für mehrere Monate fortbestehen.“
Von ärztlicher Seite werde das traumatische Erleben der Ereignisse rund um die Ermordung und dessen Aufklärung als Hauptgrund angeführt. Das mache ein Erscheinen vor Gericht und eine Aussage bis auf weiteres unmöglich.
Vernehmung der Mutter wird immer unwahrscheinlicher
Einzelheiten des Gutachtens konnten nicht zu Gehör gebracht werden. Der Grund: Die digitale Datei, die das Attest und die weiteren Erklärungen speichert, blieb einem Teil der Verfahrensbeteiligten versperrt und so auf ihren Computern unlesbar.
Richterin Uda Schmidt sicherte ihnen aber zu, dass dieses technische Problem mit Hilfe der Polizei bis zum nächsten Verhandlungstag zu Beginn der kommenden Woche gelöst werde.
So oder so ist es damit wahrscheinlich, dass das Landgericht auf eine wichtige Zeugin verzichten muss. Verhandlungstage sind jetzt bis in den Mai hinein reserviert. Dann könnte, rund ein Jahr nach dem Sexualmord, das Urteil über Sebastian F. und seine ehemalige Lebensgefährtin Xenia I. fallen. Beschuldigt werden sie, Yangjie Li gemeinschaftlich ermordet und missbraucht zu haben.
Sebastian F. pflegte fast täglichen Kontakt zu seiner Mutter
Das Interesse des Landgerichts an einer Befragung ergibt sich aus dem nahezu täglichen Kontakt, den die Mutter mit ihrem Sohn pflegte. Telefon-Protokolle belegten, dass sowohl vor als auch nach dem Mord ausführliche Gespräche geführt worden sind.
Auch kurz bevor Sebastian F. zur Polizei ging, hatte er sich nach Aussage seines Stiefvaters mit Ramona S. besprochen.
Aufschlussreiches könnte die Zeugin vermutlich auch beitragen, um die Entwicklung ihres Sohnes besser verstehen zu können.
Eine Zeit lang befand er sich in psychiatrischer Behandlung und erhielt auch entsprechende Medikamente. Zuletzt hatte ihm der forensische Psychiater eine außergewöhnliche Gefühlskälte und eine kombinierte Persönlichkeitsstörung bescheinigt.
Gericht muss entscheiden: Jugendstrafe oder Erwachsenenstrafrecht
Außerdem muss das Gericht nun befinden, ob es das mildere Jugendstrafrecht zur Anwendung bringt. Dafür spricht, dass der Angeklagte und seine damalige Lebensgefährtin zur Tatzeit erst 20 Jahre alt waren und die Verteidigung Anzeichen für eine verzögerte Persönlichkeitsreife bei Sebastian F. sieht.
Andererseits dürfte im Falle einer Verurteilung die besondere Brutalität der Mordtat eine Rolle spielen. Höchststrafe sind im Jugendstrafrecht bei Totschlag zehn Jahre, bei Mord geht es in besonders schweren Fällen bis zu 15 Jahre hinter Gitter.
Im Erwachsenenstrafrecht ist die Höchststrafe lebenslang. Dabei bedeutet lebenslang auch lebenslang. Die Strafe muss nach 15 Jahren überprüft werden. Sicherungsverwahrung ist möglich. (mz)