Militärflugplatz Zerbst Militärflugplatz Zerbst: Windkraft als Basis für Agrarpark
Straguth/MZ. - Auf Zerbster Seite stört man sich vor allem an den 23 Windkraftanlagen mit einer Höhe von 120 Metern, die Getec auf dem Gelände errichten will. Das Projekt würde eine künftige Nutzung als Landeplatz ausschließen. Dieser Vision aber hängt man im Zerbster Stadtrat auch zwölf Jahre nach Stilllegung des 470 Hektar großen Fliegerhorstes noch an. Der Regionale Entwicklungsplan weist den ehemaligen Militärflugplatz nicht als Windeignungsgebiet aus, sondern als Sonderlandeplatz. Nach dieser Rechtslage hat der Investor nicht automatisch einen Anspruch auf Errichtung von Windrädern, sondern ist auf die Zustimmung der jeweiligen Gemeinden angewiesen.
In Straguth hat sich vor längerer Zeit schon eine Bürgerinitiative gegen das Projekt gebildet. In der Gemeinde stört man sich außer an den Windkraftanlagen, die laut Bürgerinitiative das Landschaftsbild beeinträchtigen, vor allem an den 15 000 Schweinen, die hier gemästet werden sollen, sowie an den 3 000 Sauenplätzen. Neben einem Wertverlust der Grundstücke und möglichem Gestank fürchtet man negative Auswirkungen auf den Tourismus, wurde auf der Zusammenkunft mehrfach geäußert. Kritisiert wurde auch, dass nur wenige hundert Meter entfernt bei Badewitz bereits ein Eignungsgebiet für Windkraftanlagen ausgewiesen ist, in dem voraussichtlich zehn Anlagen gebaut werden. Die Gemeinde Straguth wäre also von zwei Windparks umgeben.
Getec-Vorstand Dr. Gerhold räumte ein, dass diese wie beinahe jede Investition mit Beeinträchtigungen für die Umgebung verbunden ist, stellte aber auch die Chancen für die Gemeinde heraus. Eine von Straguths Bürgermeister Edgar Grund geforderte klare Aussage, dass Getec möglichst viele der geplanten 91 Arbeitsplätze an Einwohner der Gemeinde vergeben werden, mochte Vorstand Gerhold angesichts einer Vielzahl verschiedener Investoren nicht treffen. Er stellte jedoch klar, dass der größte Teil der Investitionen in Höhe von 89,9 Millionen Euro an Firmen der Region fließen werden und dass sich die Unternehmen des Energie- und Agrarparks zuerst in der Umgebung nach Arbeitskräften umschauen würden. Wenn möglichst viele Bewohner der Region im Energie- und Agrarpark ihren Lebensunterhalt verdienen, erhöhe das die Akzeptanz des Projekts, bekräftigte Bürgermeister Grund seine Forderung.
Mehrere Einwohner wiesen darauf hin, dass der Investor die Rechtslage und die Beschlüsse aus Zerbst und Straguth zu den Windkraftanlagen vor dem Kauf kannte. Ein Landwirt warf Gerhold vor, es komme Getec allein auf die Windkraftanlagen an, während die anderen Projekte nur als Alibi dienen würden.
Die Getec AG hat den ehemaligen Militärflugplatz Zerbst im vorigen Jahr für 752 000 Euro vom Bund erworben. "Und wir müssen etwas Wirtschaftliches daraus machen, zur Not auch gegen Widerstände", stellte Dr. Gerhold seinen Ausführungen voran. Windkraft sei der wirtschaftliche Träger des gesamten Projekts, wies er auf die Unverzichtbarkeit dieses Segments hin. Ein Ersatz durch Photovoltaik (Stromerzeugung durch Sonnenenergie), wie ihn Bürgermeister Grund vorschlug, sei wegen des geringeren Ertrags ausgeschlossen. Für den Fall, dass es beim Nein aus Zerbst und Straguth bleibe, kündigte der Getec-Vorstand einen Gang durch sämtliche gerichtlichen Instanzen an. "Wir haben einen Rechtsanspruch auf Genehmigung und könnten hier sogar bis zu 70 000 Schweine halten", bekräftigte er seine Aussage, fügte aber hinzu: "Es ist besser, sich zusammenzusetzen und Kompromisse zu finden."
Bürgermeister Edgar Grund ist überzeugt davon, dass der ehemalige Militärflugplatz Zerbst früher oder später zum Eignungsgebiet für Windkraftanlagen erklärt wird. Getec werde das der regionalen Planungsgemeinschaft sicher vorschlagen, äußerte er. Ein weiteres Eignungsgebiet zwischen Nutha und Leps für voraussichtlich 30 Windräder vor den Toren der Stadt Zerbst ist auf Vorschlag beider Gemeinden bereits in den Planentwurf aufgenommen worden.
"Die Gemeinde könnte prozessieren und das Flugplatz-Projekt um ein Jahr verzögern. Das ist unser Hebel, Kompromisse herbeizuführen", erläuterte der Bürgermeister. Als solche schlug er vor, den bereits genehmigten benachbarten Windpark mit auf dem Flugplatzgelände zu bauen, damit nur ein solcher Standort entsteht, die Windräder weiter entfernt von den Ortschaften zu errichten, als es das Konzept vorsieht, und auch die Schweinemastanlagen weiter in Richtung Zerbst zu planen. Letzteren Vorschlag kommentierten die anwesenden Zerbster mit deutlichem Murren. Getec-Vorstand Gerhold hingegen bezeichnete die Kompromissvorschläge als machbar und akzeptabel.