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«Kundenakquise» läuft am Zoberberg

Von SILVIA BÜRKMANN 24.01.2010, 18:59

DESSAU/MZ. - Das alte Bänkellied aus prinzlichen Urzeiten erlebt am Samstagvormittag im Kastanienhof fröhliche Urständ. In der Darbietung des Schattentheaters beim Tag der offenen Tür in der Zoberberg-Schule mimen Sophie die traurige Gabi und Robert den schrecklich gemeinen Klaus als schwarze Schattenrisse hinter der weißen Leinwand. Und Robert Lübeck hält mit genauem Einsatz das Pappschwein vor den Scheinwerfer. Ein kurzer, schlichter, aber effektvoller Auftritt. Das Publikum klatscht.

Einen ersten Probierkurs "Schattentheater" hat Mario Enke, Klassenlehrer der 8 b und Fachlehrer für Mathe und Physik, den Mädchen und Jungen im vorigen November angeboten. Den Kindern hats gefallen. Und Enke hat bei den Proben auch verblüffende Nebeneffekte beobachtet. "So gehört beispielsweise Sophie in der Klasse zu den ganz Stillen. Beim Schattentheater aber geht sie aus sich heraus, tritt sicher auf." Vielleicht wächst sich das Probierstück ja tatsächlich zu einem echtem Wahlkurs aus? Der Papa mache das schon gut, meint Töchterchen Theresa Enke, die derzeit in die dritte Klasse der Grundschule Ziebigk geht und noch ein gutes Jahr Zeit hat bis zum Schulwechsel.

Nebenan im Raum 316 - im Klassenraum der 6b - indes tummeln sich Eltern mit ihren Sprösslingen, für die der Abschied aus den Grundschulen im nächsten Schuljahr ansteht. Die Besucher wollen sich informieren über den spannenden Alltag an einer Ganztagsschule. In allen Etagen stehen die Klassen- und Fachräume offen, warten Lehrer und Schüler auf die Gäste mit Experimenten, Rätseln, Sportspielen und Schülercafé.

Im Fremdsprachen-Fachraum begrüßt die "große Kapelle" der Fachlehrer Eltern und Kinder. So lernt Marie Siebert aus Rietzmeck seit der dritten Klasse in der Grundschule Rodleben Englisch und kann auf die Fragen von Ilona Kay oder Ute Wolf mit leiser, aber fester Stimme richtig antworten. Die Sieberts nehmen Ganztagsschule und Lehrer genau unter die Lupe, fragen nach. Gleiche Erkundigungen nach Anreise- und Versorgungsmöglichkeiten, Schulabläufen und Betreuungsangeboten hatten die Rietzmecker bereits vor Weihnachten am Philanthropinum eingeholt. "Das Philanthropinum fand ich super. Aber hier ist es auch super", hebt Marie die Schultern bei der Frage nach ihrer Vorzugswahl. Die Entscheidung ist grundsätzlich, legen sich die Pädagoginnen Ute Wolf, Anke Mohs und Ilona Kay für ihre Schule stark ins Zeug. "Wir freuen uns, wenn sie sich für uns entscheiden", verabschiedet Anke Mohs ihre Besucher mit einem von wohlwollendem Lachen quittierten Scherz: "Wir stecken vollauf in der Kundenakquise". Vielleicht sieht man sich ja im Mai zu der Elternversammlung der künftigen Fünftklässler? Die nächsten Gesprächspartner kommen an den Tisch, Paula mit einem Gipsarm, ein kleiner Rotschopf tritt hinter der Mutti hervor, ein Junge beäugt neugierig die Accessoires in der Spielecke. England grüßt mit der Staatsflagge des Vereinigten Königreiches, dem "Union Jack" und dem unverkennbaren Topfhut der Londoner Polizei-Bobbies.

Der Vormittag zieht schnell ins Land. Sind zwei Stunden nicht ein wenig kurz gegriffen? "Erfahrungsgemäß kommen die meisten vor dem Mittag. Aber wir schließen die Schule doch nicht um 12 Uhr ab." Eine Treppe tiefer freut sich Petra Czurratis, die amtierende Schulleiterin, über das große Interesse ihrer Gäste. Die Uhren am Zoberberg ticken anders als in anderen Einrichtungen: "Wir bieten als Ganztagsschule neben den Unterrichtsstunden auch Arbeits- und Übungsstunden an und differenzierte Hilfe in kleinen Gruppen."

Momentan hat das Team aus Pädagogen und pädagogischen Mitarbeitern aber an zwei zusätzlichen Fronten zu kämpfen. Das Kollegium ist durch eine Reihe von Langzeiterkrankungen nicht gleich bleibend stabil besetzt, teilt stundenweise zehn "Abordnungen" aus fremden Schulen in die Stundenpläne ein. "Das ist ganz schön schwierig, für die Kollegen und die Klassen gleichmaßen."

Ein zweites Problem erwächst aus der Raumnot durch die laufende Sanierung der Fußböden, aus denen im Vorjahr eine massive Geruchsbelästigung aufstieg. Jetzt sind die Räume für die sechs Klassen der Stufen acht bis zehn fertig. Die sieben Klassen der Stufen 5 bis 7 aber laufen teilweise noch über rohen Estrich und ziehen nach und nach um, wenn die Fußbodenleger anrücken.

Für das neue Schuljahr hofft die Schulleitung, drei fünfte Klassen bilden zu können. "Im Vorjahr haben dafür zwei Kinder gefehlt. Mit dem Ergebnis, dass wir statt drei jetzt zwei brechend volle fünfte Klassen mit je 28 Schülern haben", seufzt Petras Czurratis. Das klassische Einzugsgebiet ist neben Alten Mosigkau und Kochstedt. Dazu kommen einzelne Kinder aus Oranienbaum oder Quellendorf. "Es ist unser Wunsch, nach dem Sommer drei neue Fünfte begrüßen zu können." Die Werbung läuft.