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Von Zeitarbeitsfirma bis Ingenieurbüro Jobbörse für ukrainische Flüchtlinge in Dessauer Berufsschulzentrum - Sprachbarriere bleibt ein Problem

Stadt und Jobcenter veranstalten eine Arbeitsplatz-Börse für Ukrainer. Die wollen unbedingt eigenes Geld verdienen, doch die größte Hürde ist die Sprache.

Von Oliver Müller-Lorey 23.05.2022, 14:00
Im Foyer der Berufsschule präsentierten sich 19 Arbeitgeber aus der Region.
Im Foyer der Berufsschule präsentierten sich 19 Arbeitgeber aus der Region. Foto: Müller-Lorey

Dessau/MZ - Victoria Zaets kann gar nicht mehr aufhören zu erzählen, wenn sie von ihrer dramatischen Flucht aus der Ukraine spricht. Immer wieder setzt sie an, fällt ihr etwas Neues ein. Wie sie erst aus der kleinen Stadt mit dem Auto fliehen wollten, aber russische Soldaten auf jeden schossen, der sich auf der Straße bewegte. Wie doch noch ein Fluchtkorridor geöffnet wurde und sie, mit weißen Armbinden gekennzeichnet, die Stadt verlassen und in einem Bus gen Deutschland fahren konnten. Und dann, ganz beiläufig, sagt sie auf eine Frage, wo sie eigentlich herkomme, nur ein Wort: Butscha. Die Kleinstadt, über die wegen russischer Kriegsverbrechen Ende März die ganze Welt sprach.

19 Arbeitgeber präsentieren sich

Trotzdem war die 32-Jährige am Samstag eine von vielen Ukrainern, die im Dessauer Berufsschulzentrum zu einer eigens für Flüchtlinge organisierten Jobbörse gekommen waren. 19 Arbeitgeber aus der Region präsentierten sich. Von Zeitarbeitsfirmen und Pflegediensten, Friseuren und Ingenieurbüros bis hin zum Städtischen Klinikum und Pharma-Firmen.

Mit Hilfe von Dolmetschern kamen sie mit den ukrainischen Flüchtlingen, fast nur Frauen, ins Gespräch. „Es gibt eine große Bereitschaft der Arbeitgeber, die Sprachbarriere abzubauen. Manche überlegen sogar Personal anzustellen, das des Russischen mächtig ist“, sagte Jobcenter-Geschäftsführerin Ines Blaschczok. Gleichzeitig wollten die meisten Ukrainer unbedingt wieder arbeiten. „Die Motivation ist da, der Andrang groß. Es gibt Interesse sowohl an befristetet als auch unbefristeter Arbeit“, sagte sie. 20 Prozent der Ukrainer hätten vor, dauerhaft zu bleiben.

IDT Biologika sucht Fachkräfte

Größte Hürde ist und bleibt aber die Sprache. Das wissen auch Anne-Marie Riese und Lena Dao aus der Personalabteilung des Rodlebener Pharma-Unternehmens IDT Biologika. „Es waren mehrere interessante Gespräche dabei, teilweise hochqualifizierte Leute“, sagte Dao. In einem Fall habe sich eine ukrainische Apothekerin vorgestellt. „Allerdings ist Deutsch die Voraussetzung“, ergänzte Riese. Beide rechnen mit Bewerbungen, sobald die Deutschkurse der Flüchtlinge weiter fortgeschritten sind. Parallel wird es auch Sprachkurse, vor allem englische, für Mitarbeiter geben.

Victoria Zaets will ebenfalls so schnell wie möglich Deutsch lernen. Ihr Kurs, auf den sie sich sehr freue, beginnt am 2. Juni. In der Ukraine arbeitete sie als Tourismusmanagerin und die letzten drei Jahre in der Verwaltung eines Krankenhauses. „Ich will möglichst wieder etwas mit Menschen machen. Aber dafür muss ich erst die Sprache lernen, sonst werde ich keinen vergleichbaren Job bekommen“, sagte sie. Ein Gespräch mit Arbeitgebern zu suchen traute sie sich wegen der Sprachbarriere am Samstag zunächst nicht.

Auch Kinderbetreuung ist ein Thema

Neben der Suche nach einer Arbeit kommt auf die Ukrainer in den kommenden Wochen auch viel Papierkram zu. Nach einer Gesetzesänderung steht ihnen ab Juni Hartz-4 und Kindergeld zu. Dafür sind Anträge im Jobcenter notwendig.

Die Stadt war am Samstag ebenfalls vor Ort, unter anderem, um über die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu informieren. Denn so wie die Sprache eine Voraussetzung sei, sei auch eine gesicherte Kinderbetreuung Voraussetzung für eine Arbeit, sagte Sozialdezernent Jens Krause.