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Freinet-Schule Zerbst Freinet-Schule Zerbst: Suche nach dem besseren Unterricht

Von Heidi Thiemann 22.11.2001, 18:54

Zerbst/MZ. - "Man kann nur wünschen, dass die Schule weiter Erfolg hat." Erstaunt zeigt sich Roswitha Stolfa und auch beeindruckt. Einen ganzen Tag nimmt sie sich Zeit, die freie Freinet-Schule Zerbst kennen zu lernen. Vor kurzem, als sie in Zerbst das Gespräch mit Pädagogen suchte, um mit ihnen Erfahrungen auszutauschen über die in diesem Schuljahr eingeführte Grundschule mit festen Öffnungszeiten, da "ist uns diese Schule hier durch die Lappen gegangen", sagt die Vizepräsidentin des Landtags von Sachsen-Anhalt entschuldigend. "Ich wußte gar nicht, dass es die Grundschule überhaupt gibt."

Und weil die PDS-Frau von Hause aus Lehrerin ist, schaut sie sich mit besonderem Interesse in der freien Schule in der Zerbster Breite um. Auch, wie sie sagt, um zu sehen, "wo wir als Land noch Unterstützung geben müssen oder welche Fortbildungsangebote wir noch unterbreiten können."

Stolfa, die in Halle den Weg einer freien Schule mit begleitet hat, kennt die Schwierigkeiten bestens. "Nach drei Jahren wird kontrolliert und die Entscheidung gefällt, ob die Schule anerkannt wird. Erst mit der Anerkennung bezuschusst das Land die Personalkosten und gibt auch Unterstützung bei den Sachkosten." Dennoch, weiß Sylke Starke, Vorsitzende des Schulträger-Vereins "Lebensraum" e.V., wird die Schule, die es seit eineinhalb Jahren gibt, auch dann nicht ohne Unterstützung von außen, ohne Hilfe und Engagement der Eltern bestehen können.

Das Miteinander von Schule und Elternschaft in Zerbst beeindruckt die Politikerin Stolfa. Dass an der freien Schule gemeinsam Entscheidungen getroffen werden, und dass bei der Schulkonferenz alle - Eltern, Lehrer und Schüler - einbezogen werden, Probleme zu lösen. Begeistert ist die Landtags-Vizepräsidentin auch, dass die Kinder in der freien Zerbster Schule "zur Selbstkritik befähigt werden" und lernen, miteinander umzugehen.

Und bei ihrem Rundgang durch die Schulzimmer und beim Austausch mit den Lehrerinnen und den Vereinsmitgliedern findet die Politikerin ihre Erfahrungen bestätigt: "An Schulen in freier Trägerschaft wird sehr kreativ gearbeitet."

All das nimmt sie auf, denn "Schule muss besser werden", wie Stolfa sagt. Der Gesetzgeber könne immer nur den Rahmen vorgeben, die Umsetzung müsse vor Ort geschehen. "Damit steht und fällt, was sich der Gesetzgeber ausdenkt." Auch die Grundschule mit festen Öffnungszeiten. Deshalb besucht die ehemalige Deutschlehrerin Schulen, sammelt Erfahrungen, und möchte, "dass die guten transportiert werden". Denn quantitativ könne der Unterricht nicht mehr ausgebaut werden, "es muss sich etwas in der Qualität des Unterrichts ändern", ist sich die Landtags-Vizepräsidentin bewusst.

Im Kultusministerium, hat Stolfa erkannt, "ist der Aufklärungsbedarf unter der Lehrer- und Elternschaft zur Grundschule mit festen Öffnungszeiten unterschätzt worden." Blies der neuen Schulform vor Monaten rauer Wind entgegen, so haben die Politikerin und ihre Fraktionskollegen jetzt einen "beeindruckenden Stimmungswechsel" sowohl unter der Lehrer- als auch der Elternschaft festgestellt.

Wenngleich Stolfa viele positive Beispiele aufzählen kann, bildungspolitisch gibt es noch zahlreiche Probleme zu lösen. Schwierigkeiten gibt es auch in der Förderstufe, im Sekundarschulbereich, weiß sie. Und überhaupt: nicht nur in der Grundschule muss sich Schule verändern, auch in den weiterführenden Formen.