1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Exklave in ferner Steppe

Exklave in ferner Steppe

Von Claus Blumstengel 08.11.2007, 20:05

Dessau/MZ. - MitGenehmigung von Zar Nikolaus I. ging damit der Besitz an der Anhaltischen Kolonie "Askania Nova" 100 Kilometer nördlich der Halbinsel Krim mit 49 000 Schafen, 640 Pferden und 549 Rindern vom Dessauer Herzog Leopold IV. an Friedrich Fein, einen Urahnen des Liechtensteiners Falz-Fein, über. "Für uns ist das ein Stück Familiengeschichte", äußerte der Gast und blätterte in den herzoglichen Akten mit Karten, Abrechnungen und Zeichnungen der einstigen anhaltischen Exklave.

Falz-Fein nahm mit seiner Gattin Marie-Luise am Donnerstag in Köthen auf Einladung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und des Vereins für Anhaltische Landeskunde an der Vortragsveranstaltung "Askania Nova - auch ein Erbe Anhalts" teil. Die Kolonie war ab 1828 von Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen begründet worden und fiel erst später durch Erbschaft an Dessau.

"Als uns der Besuch angekündigt wurde, habe ich die besten Stücke herausgesucht", informierte Kornelia Müller vom Landeshauptarchiv Dessau. Immerhin musste sie dafür zwei laufende Meter Akten über Askania Nova durchforsten, die hier lagern.

Mehrfach hat Familie Falz-Fein, deren Ahnen während der Revolution 1917 aus Russland flüchten mussten, in den vergangenen Jahren Askania Nova besucht und engagiert

sich dort bei verschiedenen Projekten. Aus dem botanischen Garten und dem Tierpark, den Ur-Ur-Ur...Großvater Friedrich von Falz-Fein unter anderem mit Kamelen, Gnus, Zebras und den berühmten Przewalski-Pferden (einziges heute noch lebendes Wildpferd) begründet hatte, ist ein international anerkanntes Biosphärenreservat geworden. Von Askania Nova, so berichtet Friedrich Falz-Fein, steht heute allerdings nur noch ein Gebäude. "Das Haus ist nicht groß, aber ein Juwel", schwärmt er.

Doch das vom Köthener Hofarchitekten Gottfried Heinrich Bandhauer entworfene "Ketenskij Domik" (Köthener Haus), wie es die Einheimischen nennen, ist dem Verfall preisgegeben. "Wir möchten hier in Anhalt ein Netzwerk knüpfen, um das bedrohte letzte Anhalt-Haus in Askania Nova zu retten", kündigte am Donnerstag Hans Schwahn an. Das Mitglied des Vereins für Anhaltische Landeskunde schreibt zurzeit in St. Petersburg seine Dissertation und hat das Ehepaar von Falz-Fein nach Dessau begleitet. Das Köthen-Haus könnte mit einer Ausstellung von Kopien der Dessauer Archivalien und weiteren Exponaten ein Anziehungspunkt für Tausende Touristen werden, die ohnehin ständig Askania Nova besuchen, so Schwahn. Vielversprechende Kontakte zur Fachhochschule Anhalt seien bereits hergestellt, nun würden interessierte Unternehmer und weitere Mitstreiter für das Projekt gesucht.