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Drahtesel werden bei Auktion Zugpferde

Von Silvia Bürkmann 14.10.2007, 17:35

Dessau-Roßlau/MZ. - "Jetzt geht's erst mal an die Tankstelle zum Aufpumpen", strahlt Roland Witte übers ganze Gesicht und tätschelt über den schnittigen Lenkerbügel der Neuerwerbung. Einen sportlichen, silbern glänzenden Flitzer hat Frau Claudia soeben ersteigert - im stürmischen Bieterwettstreit zum Schnäppchenpreis. Da lohnt sich ein kleiner Umweg an die "Luft-Tanke", um dann spornstreichs heimzuradeln nach Mildensee. Doch halt, halt: Sohnemann Max hat andere Pläne und in der Auslage der unter den Hammer kommenden Sachen noch so faszinierende Matchbox-Wägelchen erspäht. "Das könnten wir doch nochmal versuchen?"

"Das Fundbüro macht die Keller leer", heißt am Sonnabend das Motto der öffentlichen Versteigerung nicht abgeholter Fundsachen. Die zweite Versteigerung im Jahr 2007 zieht die Interessenten wie ein Magnet in die Tiefgarage des Dessauer Rathauses, wo sich ein großes Publikum versammelt. In der Frühe können ab 8 Uhr die Objekte besichtigt werden, ab 10 Uhr übernimmt der Auktionator das Kommando. Um Thomas Linkert hat sich ein Quartett aus dem Bürgeramt / Bürgerbüro versammelt, das auch das Fundbüro betreut. Jana Lohmann, Kirsten Synagowitz, Matthias Preuß und Stefanie Bretschneider richten sich auf eine straffe Sonderschicht ein.

Am Ende dauert der Zuschlagmarathon über zwei Stunden. "Nach etwas mühseligem Beginn doch noch ganz gut gelaufen", zieht Thomas Linkert ein erstes Fazit. Diese 120 Minuten bieten sowohl für Schnäppchenjäger üppige Beute, für alte Hasen überraschende Bietergefechte, für neugierige Begleiter ein amüsantes Possenspiel. Bis zum finalen Hammerschlag um 12.10 Uhr bleibt ein Tisch voller Krimskrams, wo sich unter den Hartgesottenen noch Interessenten für Schmuck, Uhren, Trennschleifer oder Digitalkameras finden.

Die Drahtesel sind die großen Zugpferde. 32 von ihnen lässt das Fundbüro - nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht von einem halben Jahr - vorrollen. Soweit möglich. 22 Zweiräder finden in der ersten Runde ihre neuen Besitzer: Herren-, Damen-, Kinderrad, Mountainbike oder Trekkingrad. 35 Euro oder 70, das Preisspektrum pendelt sich ein. Heiß umkämpft das Damenrad "Conquest", das schließlich Monika Lehmann ersteigert. "Ganz spontan" sei sie mit ihrem Mann Aribert zur Aktion gekommen, als sie am Morgen davon im Radio hörte, erzählt die Frau aus Dessau-Süd. Das eigene Fahrrad aus den 70ern ist nicht nur in die Jahre gekommen, sondern auch kaputt! "Und wäre nur noch sehr teuer zu reparieren gewesen."

Längst nicht alle Räder sind betriebsbereit, zehn kommen in den "Hoffnungslauf". 10.35 Uhr - die Angebote werden immer bizarrer. Eine schleifende Kette, ein von der Felge gesprungener Reifen, ein frei schwebender Sattel oder gar kein Sattel? "Die werden immer schöner", schmunzelt selbst Auktionator Linkert hinter dem Mikro, als die Gebote vor das Publikum gehievt werden. Etwas verrostet und wacklig, aber immerhin noch in fetziger Pinkfarbe geht der "Konsul" unter den Hammer. Eugen Gernert ist sich sicher, dass er das 26er Vehikel wieder gangbar kriegt und die zwei Euro nie im Leben eine Fehlinvestition sein können.

Das "Schnäppchen des Tages" aber macht Jörg Beisitzer mit einem Einsatz von einem Euro für ein "Powerbike", das nur noch ein Rad am Rahmen hat. Der Sattel aber ist noch prima. "Den kann ich gebrauchen, um ein Kinderrad nachzurüsten." Wenns passt und klappt, gibt's für die kleine Johanna irgendwann eine Überraschung.