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Die Vorführzellen wollte jeder sehen

Von Matthias Bartl 21.02.2005, 17:52

Köthen/MZ. - Das untypische Rollenverhalten hat seinen Grund: Annabelle, gerade mal acht Jahre alt, ist eine von mehr als 100 Besucherinnen und Besuchern, die am Samstag beim Tag der offenen Tür im Köthener Amtsgericht im Neubau an der Friedhofstraße hinter die Kulissen guckten - vom Keller bis zum Obergeschoss. Werner Herrmann aus Köthen war beeindruckt: "Ich kenne das alte Gericht im Schloss ein bisschen - das ist ja wirklich kein Vergleich mehr."

Amtsgerichtsdirektorin Doris Bräunig war sehr erfreut über die große Anzahl der Neugierigen. "Das zeigt doch auch, dass die Leute Interesse an der Arbeit der Justiz haben." Als Einstimmung vor dem Gang durchs Haus, wo allenthalben auskunftsbereite Gerichtsmitarbeiter warteten, gab es für die Gäste eine kleine Tour de force durch die Geschichte des Amtsgerichts und seines Neubaus und eine Übersicht über die Arbeit, die in dem Haus am Friedenspark geleistet wird. Üppige Zahlenkolonnen ließ Doris Bräunig aufmarschieren - von A wie Adoptionssachen bis Z wie Zwangsversteigerungen. "Das soll beweisen, dass nicht alle Beamten faul sind, wie ja landläufig gern behauptet wird", so die Gerichtsdirektorin mit ein klein wenig Spott in der Stimme.

Mittlerweile sind im Amtsgericht Köthen 36 Mitarbeiter beschäftigt - früher waren es 48. Darunter sind - inklusive der Chefin - fünf Richterinnen sowie neun Rechtspfleger. Einer von letzteren ist Kai Rybak, dessen Name aufmerksamen MZ-Lesern nicht unbekannt sein dürfte, denn Rybaks Name steht oft unter den Anzeigen zu Zwangsversteigerungen von Immobilien im Kreis Köthen. Als Experte für diesen Zweig der Juristerei hatte er am Sonnabend zahlreiche Nachfragen zu beantworten - zu Vermieterproblemen ebenso wie zu dem Umstand, dass seit einiger Zeit in den Anzeigen nicht mehr die Namen derjenigen erscheinen, denen die zu versteigernden Immobilien gehören. Letzteres ist übrigens auf eine Gesetzesänderung zurückzuführen.

Besonderes Interesse fanden - nicht ganz unerwartet - die so genannten Vorführzellen im Keller des Gerichts, wo Gerichtswachtmeister Christian Hacker den Besuchern jede Menge Fragen beantworten musste. Für Annabelle übrigens war die Zelle von speziellem Interesse. "Ob man Tom dort nicht einsperren kann?", fragte sie bei Doris Bräunig an. Und während der bewusste Tom diese Nachfrage grienend zur Kenntnis nahm, wollte die verblüffte Richterin denn doch wissen, warum die Inhaftierung denn erfolgen solle. "Dann kann er nicht mehr mit dem Gameboy spielen", wurde als Haftgrund angegeben. Auch so kann ein Tag der offenen Tür im Gedächtnis bleiben.