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Nach tödlichem Unfall im Süden der Stadt Dessauer mahnen auf besondere Weise: Weiße Rosen an weißes Rad gesteckt

Drei Wochen nach dem Unglück von Gudrun Koch in der Südstraße in Dessau stellt der ADFC ein Ghostbike auf und fordert mehr Sicherheit für Radfahrer auf den Straßen der Doppelstadt.

Von Thomas Steinberg Aktualisiert: 23.01.2022, 18:18
 Dessauer schmücken das Ghostbike mit Blumen zur Erinnerung und Mahnung.
Dessauer schmücken das Ghostbike mit Blumen zur Erinnerung und Mahnung. foto: Thomas steinberg

Dessau/MZ - Am 3. Januar verabschiedete sich Klaus-Dieter Koch am Gartentor von seiner Frau Gudrun. Sie stieg wie so oft aufs Rad, er machte sich zu Fuß auf einen anderen Weg. Minuten später wurde Gudrun Koch in Dessau-Süd nur wenige hundert Meter von ihrer Wohnung entfernt an der Einmündung der Südstraße in die Damaschkestraße überfahren. Die aus der Nebenstraße kommende Autofahrerin hatte die Radlerin zu spät bemerkt und dann wohl noch Brems- und Gaspedal verwechselt. Zwei Tage später erlag Gudrun Koch ihren schweren inneren Verletzungen.

Erstes Ghostbike in Dessau-Roßlau aufgestellt

Dort, wo sich der tödliche Unfall ereignete, steht seit Sonnabend ein ganz und gar weiß gespritztes Fahrrad. Ghostbike, Geisterrad, nennt sich ein solches Mahnmal, das an tödlich verunglückte Radfahrer erinnern soll und vermutlich zum ersten Mal 2003 in St. Louis, Missouri, aufgestellt wurde; in Deutschland lehnen solche Symbole der Mahnung, Trauer und des Protests seit 2009 an Bäumen, Verkehrsschildern oder Laternenmasten.

Seit Sonnabend nun auch in Dessau-Roßlau. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hatte das ausdrückliche Einverständnis der Hinterbliebenen für die Trauer- und Protestaktion eingeholt. Rund 50 Menschen trafen sich am Nachmittag zunächst an der Friedensglocke und radelten dann gemeinsam nach Dessau-Süd. Vornweg, festgezurrt auf einem Lastenrad das Ghostbike.

In der Damaschkestraße wurde der Radkorso von weiteren Menschen erwartet: Familienangehörigen wie auch Mitglieder das Lutherchors, in dem Gudrun Koch selbst gesungen hatte. Ein Aufkleber auf einem Stück Schutzblech ihres Rades, das ihr Mann mit sich führte, zeugt davon.

ADFC kritisiert Radweg in der Damaschkestraße als zu schmal und schlecht befahrbar

Vor Ort verlas Dessau-Roßlaus ADFC-Chef Stephan Marahrens die Worte von Klaus-Dieter Koch. Ihrer beider Lebensrhythmus habe sich durchs Fahrradfahren verändert, sie hätten im Alltag wie im Urlaub zehntausende Kilometer damit zurückgelegt und Kinder wie Enkel für diese lebensbejahende Form der Mobilität begeistern können. Wenn er einen Wunsch habe, dann den, dass die digitale Technik in Autos nicht nur dazu diene, es deren Fahrern leichter zu machen, sondern ebenso die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu erhöhen.

Marahrens mahnte dann selbst, dass Straßen für alle Menschen da sein müssten; jedoch zweifle er, dass das von der Politik insgesamt so gesehen werde. Noch immer zähle vor allem die Flüssigkeit des Autoverkehrs. Es gehe anders: Nachdem in vielen französischen Städten nahezu flächendeckend Tempo 30 eingeführt wurde, sei die Zahl der Verkehrstoten innerorts um 70 Prozent zurückgegangen.

Den Radweg in der Damaschkestraße kritisierte er als zu schmal, zumal Laternen auf ihm stünden. Manche Autofahrer hätten immer noch nicht begriffen, dass in einem solchen Fall der Radweg nicht benutzt werden müsse. Als kurzfristige Maßnahme empfahl er, alle über Einmündungen führende Radfurten rot zu markieren und so ein zusätzliches Warnsignal zu setzen.

In der Südstraße fehlt das bislang.