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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Wie weiter mit der Tradition?

Von DANNY GITTER 13.07.2011, 18:16

DESSAU/MZ. - Die Stimme aus dem Off spricht vom Feuer zahlreicher Kessel in einer der reichsten Städte des Landes und von weit über 100 000 Einwohnern. Die Bilder dazu zeigen Industrieansiedlungen soweit das Auge reicht und tüchtige Betriebsamkeit. Die Rede ist von Dessau, dem Dessau um 1938. Große Namen waren hier einst Zuhause. Die Maschinenfabrik Polysius, die Tapetenfabrik Askania, die Waggonbau AG und natürlich die Junkers-Werke, um nur einige zu nennen. Nach dem Krieg der Neuanfang in der DDR, wo teilweise an alte Traditionen angeknüpft werden konnte, ehe mit der Wende der große Absturz kam.

Bilder von Abrissbaggern und Industriebrachen dominieren die Dokumentation in Bezug auf die Nachwendezeit. Der Kommentator spricht von Abwanderung und damit verbundenem Bevölkerungsschwund. Die einst mächtige Industrie, sie ist Geschichte, deren Relikte heute nur noch museal verwaltet werden können.

In ihrer Dokumentation "Sammlungen zur Dessauer und Roßlauer Industriegeschichte" machten Rolf Schultze und Joachim Göricke viele dieser Verwalter der industriellen Vergangenheit ausfindig. Unzählige Vereine und Initiativen der Doppelstadt halten heute die Fahnen der Industriegeschichte hoch. Was könnte aus diesen Sammlungen werden? fragten sich die Filmemacher. "Ein zentrales Museum für Technik und Arbeit wäre eine sinnvolle Ergänzung der städtischen Museumslandschaft", ist sich Göricke sicher.

Die Dokumentation von Schultze und Göricke versprach Rückblicke auf die Industriehistorie der Doppelstadt sowie Ein- und Ausblicke zur Arbeit der vielen Vereine. Entsprechend groß war am Dienstagnachmittag das Interesse an der Premiere der Dokumentation im Technikmuseum "Hugo Junkers". Die Sitzplätze reichten nicht aus, zusätzliche Stühle waren heiß begehrt. "Ich bin sprachlos, dass sich so viele Leute trotz des Badewetters hierher gefunden haben", war Göricke vom Interesse überwältigt.

Der Ort der Filmvorführung ist auch die Heimstatt des Fördervereins "Hugo Junkers". Vereinsmitglied Gerhard Beeg spricht in der Dokumentation von "einer bewegten industriellen Geschichte" auf rund 4 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche, wo nicht nur Junkers-Exponate, sondern auch Erinnerungen an ZAB (Zementanlagenbau) und ABUS (Maschinenfabrik und Eisengießerei Dessau) gezeigt werden. Die Erhaltung und Weitergabe der Vergangenheit an zukünftige Generationen ist ein zeitintensives Geschäft. Bei einer durchschnittlichen Altersstruktur von 73 Jahren dürften die allermeisten Mitglieder diese Zeit mitbringen. Beeg sieht seinen Verein für zukünftige Aufgaben gut gerüstet. "Es rücken immer wieder Leute, die in den Ruhestand gehen, nach", so Beeg.

Altersstruktur sehr hoch

Was auf der Dessauer Elbseite die Faszination und Erinnerung an den Flugzeugbau von Junkers, ist in Roßlau die Erinnerung an die große Tradition des Schiffbaus. Viele Exponate zum Schiffbau und zur Schifffahrt lagern in einem Roßlauer Museum. Hüben wie drüben ist der Altersdurchschnitt der Vereine hoch. Egal ob Junkers, der Schiffbau rund um die Gebrüder Sachsenberg, der Autopionier Lutzmann oder andere Erinnerungen an Dessauer und Roßlauer Traditionen, immer sind die Vereinsmitglieder engagiert. Einzig fehlt der engagierte Nachwuchs. Darüber hinaus ist auch die Finanzierung nicht zu unterschätzen. Eintrittsgelder, Mitgliedsbeiträge und Spenden sind meistens die einzigen Einnahmequellen.

Hans Georg Strauß vom Roßlauer Schifferverein bringt es auf den Punkt: "Früher gab es noch kommunale Mittel. Heute gibt es wegen der prekären Haushaltslage nichts mehr." Da wäre ein zentrales Museum eine mögliche Lösung. Doch im Dokumentarfilm stößt die Idee nicht bei jedem auf Beifall. Mancher verteidigt eisern seinen jetzigen Standort.

Optionen diskutieren

"Es muss sowieso erst ein schlüssiges Gesamtkonzept her und ein zentraler Ort gefunden werden", sagt Göricke. Das Junkalor-Gelände fällt weg. Hier waren schon die Abrissbagger. Eine weitere Option wäre das Technikmuseum "Hugo Junkers". Doch das ist noch ferne Zukunftsmusik. Für die Idee eines zentralen Museums gibt Wolfgang Last, ein engagierter Eisenbahnfreund im Dokumentarfilm eine Formulierungshilfe. "Das ist wie mit einem Strauß Blumen von der Wiese. Jede für sich kommt wenig zur Geltung. Aber als gebundener Strauß sind sie repräsentativ."