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Bauhaus Dessau Bauhaus Dessau: Briefe von Georg Muche und Hans Jammers übergeben

Von Silvia Bürkmann 24.10.2014, 19:05
Die unverbrüchliche Männerfreundschaft band später auch die fünf Kinder der Jammers ein.
Die unverbrüchliche Männerfreundschaft band später auch die fünf Kinder der Jammers ein. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau - Es sind Briefe, Postkarten und Kurzmitteilungen, kleine Zeichnungen eingeschlossen. Geschrieben und gemalt von akkurater Hand. Eine breite Dokumentation des Lebens und Alltags in schweren Kriegs- und Nachkriegszeiten - für Kunsthistoriker vielleicht wenig erschöpfend? Diese Andeutung von Reinhard Jammers erntet umgehend Protest. Hier oben im Glasraum der Brücke im Bauhausgebäude. Wo eben die Stiftung Bauhaus Dessau die umfangreichen Korrespondenzen des Künstlers Georg Muche aus den Jahren 1943 bis 1987 geschenkt bekommt.

Wieder ein Stück reicher

Zugegen sind neben Reinhard Jammers aus Remscheid und Nachlassverwalter Wilfried Sühlo (Berlin) als Geber schließlich die Stiftungsdirektorin Claudia Perren und der Leiter der Sammlung, Wolfgang Thöner. Und die wissen, dass die Muche-Briefsammlung der Stiftung nun auf etwa 1 000 Schriftstücke angewachsen ist. „Wir werden also wieder ein Stück reicher“, lächelt Perren.

Der „Zuwachs“ umfasst im Kern die Korrespondenzen zwischen dem Maler, Zeichner und Bauhausmeister Georg Muche (1895–1987) und dem Krefelder Textilfabrikanten Hans Jammers (1907–1974) und beleuchtet so das Leben und Werk Muches in neuen Facetten.

Georg Muche, geboren 1895 in Querfurt, studierte in München Malerei an der privaten Kunstschule von Anton Abe und unterrichtete ab 1916 in Berlin Malerei an der Kunstschule „Sturm“.

Muche wurde 1920 von Walter Gropius an das Bauhaus Weimar berufen. Nach dem Umzug nach Dessau (1925) war er hier bis 1927 Leiter der Webereiklasse. Er entwarf in Dessau gemeinsam mit dem Architekten Richard Paulick das Stahlhaus. 1927 zog er wieder nach Berlin, wo er bis 1930 Lehrer an Johannes Ittens privater Kunstschule wurde. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war Muche bis 1938 wieder unauffälliger Lehrer und beschäftigte sich fast ausschließlich mit Freskomalerei.

Nach beruflichen Stationen in Berlin und Krefeld zog Georg Muche 1960 nach Lindau am Bodensee, wo er als freier Künstler, Maler, Grafiker und Schriftsteller bis zu seinem Tod 1987 wirkte.

Zwischen dem Bauhausmeister und dem Fabrikanten bestand eine enge persönliche Freundschaft. Freundschaft. Beide begegneten sich in der Zeit des zweiten Weltkrieges, als Muche nach Krefeld kam und dort bis 1958 die Meisterklasse für Textilkunst leitete. In der Bombennacht vom Juni 1943, bei der Muches Krefelder Wohnung zerstört wurde und im Atelier alle Bilder in Flammen aufgingen, begegneten sich Jammers und Muche auf der Straße am Ostwall. Muche verstört, Jammers entschlossen: „Sie kommen erst mal mit zu mir!“ Georg Muche und seine Frau El zogen bei Jammers ein und wohnten bis 1956 zusammen.

Georg und El

„Faktisch als Familie“, erinnert sich der 1939 geborene Reinhard Jammers. Muches waren kinderlos, die Jammers hatten fünf lebhafte Kinder. „Georg Muche war von ruhigem Naturell. Und sie sind uns fünf Wildfängen mit viel Wohlwollen und Herzlichkeit begegnet“, erinnert sich Reinhard Jammers, der die wohl engste Beziehung zu den Bauhäuslern aufbaut. 1955 schrieb der Junge in sein Tagebuch: „.. Heute ist mir Georg Muche zum echten Freund geworden! Er sagt, ich darf jetzt in der Anrede den ’Onkel’ weglassen...“ So wurden aus Onkel und Tante einfach Georg und El.

Beide Ehefrauen, El Muche (1901–1980) und Elinor Jammers (1910–1989) waren von Anfang an in die Freundschaft eingebunden, wie später die Kinder der Jammers.

Als Muche 1958 zum Bodensee umzog, ersetzte der Brief den persönlichen Austausch. Und er blieb intensiv bis zum Lebensende.

Die Schenkung der Familie Jammers hatte bereits im Vorfeld die Krefelder Unternehmertochter Susanne Philipp bewogen, weitere 78 Briefe von Georg Muche an die Stiftung zu übergeben. Zudem hatte die Stiftung im vergangenen Jahr circa 550 Briefe von Georg Muche aus dem Nachlass des Kunstsammlers Ludwig Steinfeld erhalten. (mz)