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Baufälliges Gebäude Baufälliges Gebäude: «Goldener Stern» vor dem Abriss

06.02.2002, 16:30

Dessau/MZ/sb. - Die Stadt Dessau verliert ein weiteres traditionsreiches, allerdings auch baufälliges Gebäude: In der nächsten Woche wird die Firma Diringer & Scheidel in der Ferdinand-von-Schill-Straße den "Goldenen Stern" abreißen. Bis 1991 war dies eine bekannte Dessauer Kneipe, seitdem steht das Gebäude leer und verfällt. "Wir können die Sicherheit am Haus nicht mehr gewährleisten", sagte Andreas Graupner, Projektentwickler bei Diringer & Scheidel. "Wir haben ständig Ärger damit."

Pläne für die Zeit nach dem Abriss gibt es bislang noch nicht. Vor Jahren wollte Diringer & Scheidel an der Ecke Ferdinand-von-Schill-Straße und Johannisstraße ein modernes Wohn- und Geschäftshaus errichten. Dafür sollte auch das denkmalgeschützte Schwabehaus weichen, was aber letztlich vom Stadtrat verhindert wurde. Das Projekt war damit gescheitert. Jetzt hofft Diringer & Scheidel auf einen neuen Anlauf. "Vielleicht", hofft Graupner, "ergeben sich ja hier Möglichkeiten im Rahmen von Urban II." Diese Programm der Europäischen Union ist zur Revitalisierung der Innenstadt gedacht.

1825 mit Fachwerk, Lehm und Wackersteinen gebaut, war der "Goldene Stern" eine Kneipe mit 100-jähriger Tradition, begleitet von allerlei Gerüchten. Da wäre die Geschichte von Wirtin Frieda Richter, die alle nur "Flaschenfrieda" nannten, weil der Bierkeller unter dem Haus in der Ferdinand-von-Schill-Straße so klein, dass sich die Bierfahrer irgendwann weigerten, die Fässer dort runter zu wuchten und deshalb nur noch Flaschenbier ausgeschenkt wurde. Dem Zuspruch tat dies keinen Abbruch. Gut möglich, dass dies auch einen anderen Grund hatte: Hartnäckig hielt sich nämlich das Gerücht, dass der "Goldene Stern" samt seiner sieben Gästezimmer in der ersten Etage des Hauses schon zu DDR-Zeiten ein ganz besonderes Etablissement war. Zu beweisen war das nie - und trotzdem: dass die Eingangstür des Lokals später mitunter abgeschlossen war, um unliebsamen Gästen den Eintritt zu verwehren, machte die Kneipe immer rätselhafter.

Bekanntester Stammgast zwar zweifellos Richard Gahlen, ein Arzt, der auf dem Weg zwischen seinen beiden Praxen gern im "Goldenen Stern" einkehrte. Sein Spitzname: Dr. Immerblau. Und die Legende sagt, dass Gahlen in der Kneipe Krankenscheine, mindestens aber Rezepte ausschrieb. Doch auch dafür gab es nie Beweise.