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Bauerntag Bauerntag: Landwirtschaft zwischen Befürchtungen und Chancen

Von Stefanie Hommers 25.02.2004, 17:44

Ragösen/MZ - Zu viel Milch, zu wenig Regen, das sind nur zwei Probleme mit denen die Landwirte in der Region im Jahr 2003 zu kämpfen hatten. Auf dem europäischen Milchmarkt sind Überkapazitäten von rund 20 Prozent zu verzeichnen, daher sinken die Preise für dieses Produkt immer weiter. Die Dürre des vergangenen Sommers machte indes vor allem den Getreidebauern und Futterbaubetrieben zu schaffen. "Wegen der Trockenheit haben die Landwirte in diesem Jahr 35 Prozent weniger geerntet als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre", bilanziert Kees de Vries, Vorsitzender des Bauernverbandes "Mittlere Elbe" auf dem Bauerntag seiner Organisation am Mittwoch in Ragösen. Nimmt man noch den Verfall der Preise für Schweinefleisch hinzu, komme man auf ein Einkommensniveau, das gerade mal 40 Prozent von dem ausmache, was in vergleichbaren Industrien erzielt werde.

"Aber meckern hilft nicht", ist de Vries sicher, auch was die sinkende Akzeptanz der Landwirtschaft in der Bevölkerung angehe. Zu den Aktivitäten des Verbandes, der vergangenen Monat sein zehnjähriges Bestehen feiern konnte, gehören denn auch Projekte wie der Tag des offenen Bauernhofes in Dessau, zu dem rund 5 000 Besucher kamen, die Organisation eines Bauernmarktes auf dem Roßlauer Schifferfest oder das Programm "Grünes Erleben - Bauernhof als Klassenzimmer", bei dem Landwirte Schülern ihre Arbeit vor Ort nahe bringen und zeigen, wie das Leben auf dem Bauernhof wirklich aussieht. 237 Schüler und 31 Lehrer konnten sich im vergangenen Jahr davon überzeugen. Und die Arbeit soll fortgesetzt werden, trotz geringerer Förderung von Seiten des Kultusministeriums sowie des Schulamtes, wie Geschäftsführer Heinz Vierenklee betont.

Zum Bauerntag des Verbandes mit seinen 195 Mitgliedern gehört indes nicht nur der Blick zurück. Schließlich stehen mit der Veränderten Agrarförderpolitik der EU einschneidende Veränderungen bevor. Fritz Schumann, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt gibt anwesenden Landwirten schon einmal einen Einblick in die Neuerungen der "Gemeinsamen Agrarpolitik", kurz GAP. "Entkoppelung" heißt einer der zentralen Begriffe: Künftig sollen den Bauern Gelder aus dem EU-Fond unabhängig von den produzierten Mengen gezahlt werden. Nach welchem Rechenmodell dann Prämien gezahlt werden, ist jedoch noch unklar. Sicher ist allerdings, das sie gekürzt werden können, wenn die Landwirte bestimmte Verordnungen nicht einhalten. "Cross Compliance", zu Deutsch etwa Überkreuzverknüpfung nennt sich das Verfahren bei dem die Auszahlung der Gelder an die Einhaltung von 18 Richtlinien gebunden werden. "Manche nennen die Cross Compliance ja auch Geißel der Landwirte", so Ernst Daenecke, der als Vertreter des sachsen-anhaltischen Landwirtschaftsministeriums zu Gast ist, "aber im Grunde genommen sind das alles alte Kamellen." Schließlich handele es sich ausschließlich um bereits existierende Verordnungen, an die sich die Landwirte bereits jetzt halten müssten.

Aber die Zuhörer in Ragösen bleiben skeptisch. Eine fünfprozentige Kürzung der gesamtem Prämie (bei Vorsatz sogar bis zu 20 Prozent) ist schließlich kein Pappenstiel. Und selbst Kees de Vries, der in der neuen Politik durchaus auch Chancen sieht, zieht beim Stichwort Cross Compliance die Stirn in Falten. "Es kommt immer auf die Auslegung an", findet er. Vor 50 Jahren gab es noch fast fünf Millionen Beschäftigte in der deutschen Landwirtschaft, heute sind es noch knapp 400 000. De Vries fürchtet, dass der Wettbewerb die Zahl noch weiter nach unten treibt.