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29-jähriger "Firstclass-Butler" aus Dessau 29-jähriger "Firstclass-Butler" aus Dessau: "Diskretion ist das Wichtigste"

Von Nikta Vahid und Julius Lukas 14.09.2015, 20:45
Auf der Wallwitzburg bietet Butler Alexander Bruch seinen Gästen Sekt zum Frühstück.  
Auf der Wallwitzburg bietet Butler Alexander Bruch seinen Gästen Sekt zum Frühstück.   Thomas Ruttke Lizenz

Dessau-Roßlau - Sherry, Weißwein, Champagner, Portwein - James muss alles in sich hineinkippen. Miss Sophie, seine Chefin, will es so. Die alte Dame feiert ihren 90. Geburtstag - allerdings sind ihre vier Gäste nicht erschienen. Die sind bereits tot. Die Hausherrin will aber, dass alles wie jedes Jahr abläuft. Und so muss Butler James die Rollen der vier Abwesenden übernehmen - und wird dabei immer betrunkener.

Der Prototyp eines Butlers

Die Szenerie stammt aus „Dinner for One“. Der vom Norddeutschen Rundfunk produzierte TV-Sketch läuft seit 1963 jedes Jahr zu Silvester in den öffentlich-rechtlichen Programmen. Durch diese Dauerpräsenz prägte er maßgeblich das Bild des Hausdieners. James wurde zum Prototypen - wenn auch sehr klamaukig inszeniert. Butler sind demnach vor allem im englischsprachigen Raum zu finden, unterwürfig und hauptsächlich dazu da, Speisen und Getränke zu servieren - und letztere notfalls auch selbst zu konsumieren.

„Ich werde oft auf den Diener in Dinner for One angesprochen“, erzählt Alexander Bruch. Mit dem heutigen Butler-Beruf habe Miss Sophies James allerdings wenig zu tun, sagt der 29-Jährige aus Dessau. Und er muss es wissen. Bruch ist mit Leidenschaft Butler. Ein moderner James sozusagen. Vor einem Jahr machte er sich selbstständig. „Firstclass-Butler“ hat er sein Ein-Mann-Unternehmen genannt. „Ich möchte meinen Kunden ein bisschen Luxus bieten und ihren Alltag erleichtern.“

Auf die Idee, Butler zu werden, kam er durch eine Fernseh-Reportage. „Ich fand den Beruf sofort spannend“, erzählt Bruch, der ausgebildeter Einzelhandelskaufmann ist. Gelernt hat er bei einem großen Kaufhaus in Dessau. Nach Lehre und Zivildienst arbeitete er im Beratungsunternehmen seiner Eltern mit, war für Auftragsabwicklungen und Steuerangelegenheiten zuständig. „Schon damals lobten Kunden meine ausgezeichneten Umgangsformen.“

Gutes Benehmen reicht nicht aus

Doch um ein hervorragender Butler zu sein, reicht gutes Benehmen nicht aus. Das Berufsbild ist vielschichtiger. Das war schon früher so. Butler waren lange vor allem in adligen Kreisen verbreitet – und selten Einzelkämpfer. Meist hatten Haushalte ganze Heerscharen von Dienern: Manche machten die Wäsche, andere kümmerten sich um das Essen, wieder andere um die persönlichen Belange des Arbeitgebers. Der Butler war dabei vor allem auch für organisatorische und leitende Aufgaben zuständig.

Mit dem wachsenden Wohlstand während der Industrialisierung fanden Butler zunehmend in bürgerlichen Haushalten Platz. Um 1900 gab es in Großbritannien gut 150.000 Butler. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg nahm ihre Zahl jedoch rapide ab. Gesellschaftliche Veränderungen wie die Verkleinerung der Haushalte waren ein Grund. Auch die wirtschaftlichen Bedingungen änderten sich. Nur wenige konnten sich noch große Dienerschaften leisten. 1980 war der Beruf fast ausgestorben.

Beruf erlebt eine Renaissance

In den letzten Jahren erlebt er jedoch eine Renaissance. Dabei sind Butler weniger als diejenigen gefragt, die sieben Tage in der Woche den fremden Haushalt führen. Sie sollen ihren Auftraggebern vielmehr einzelne Aufgaben abnehmen. „Kunden buchen mich nur temporär, um selber mehr Zeit zu haben“, sagt Bruch. Als Beispiel nennt er eine Geburtstagsfeier. „Wenn jemand mich beauftragt, die auszurichten, dann muss er sich im Vorfeld um nichts kümmern“, sagt Bruch. „Und auch während des Festes hat der Ausrichter viel mehr Zeit, sich mit seinen Gästen zu beschäftigen.“

Der junge Butler sieht sich als Lebenserleichterer und Wunscherfüller. Sein Angebotsspektrum reicht jedoch über gastronomische Aufgaben hinaus. Bruch übernimmt auch Bürotätigkeit und Botengänge oder die Betreuung von Anwesen und Fuhrpark. „Wenn gewünscht, kümmere ich mich auch um Blumen und Rasen oder um Auto und Pool“, sagt Bruch. Nur Tierbetreuung bietet er nicht mehr an. „Da gibt es Fachleute, die das besser können.“

Lesen Sie auf der nächsten Seite mehr zum vielschichtigen Aufgabenspektrum und den abwechslungsreichen Alltag von Alexander.

Überhaupt ist er als Butler kein Alleskönner. „Es ist viel mehr eine organisatorische Leistung“, sagt Bruch. Wenn er ein Essen ausrichten soll, bestellt er das bei einem Caterer. „Und wenn es bei gärtnerischen Aufgaben um mehr als Rasenmähen oder Blumengießen geht, rufe ich jemanden, der sich damit auskennt.“

Um trotzdem dem vornehmen Image eines Butlers gerecht zu werden, hat Bruch einige Kurse besucht, bevor er sich selbstständig machte. Er absolvierte eine Image- und Stilberatung und auch eine Knigge-Schulung. „Dort habe ich zum Beispiel gelernt, wie man einen Tisch richtig eindeckt und sich situationsangemessen verhält.“

Butler-Schulen in Großbritannien

Er hätte mit seiner Ausbildung aber auch noch etwas weiter gehen und eine Butler-Schule besuchen können. Die gibt es vor allem in Großbritannien, wo der Beruf noch immer weiter verbreitet ist als hierzulande. Im deutschsprachigen Raum werden Schulungen in München und Wien angeboten. Dort lernt man beispielsweise den Unterschied zwischen einem Wein für 15 Euro pro Flasche und einem für 5.000 Euro. Auch der Umgang mit hochwertigen Materialien und edler Handwerkskunst gehört zum Ausbildungsprogramm der Wiener Butler-Schule, sagt Chefin Claudia Schlegel. Denn das solle dem modernen Butler ebenso geläufig sein wie ausgezeichnete Umgangsformen und diskretes Auftreten.

Teure Zusatzqualifikation

„So eine Schulung will ich auf jeden Fall noch machen“, sagt Bruch. Allerdings sei das erst in ferner Zukunft geplant, da die Zusatzqualifikation recht teuer sei. Und zudem funktioniere das Geschäftsmodell auch jetzt schon. Jeden Monat bekomme er neue Aufträge – hauptsächlich aus Dessau-Roßlau, Wittenberg und Umgebung. Privat- und Firmenkunden hielten sich dabei die Waage. Für wen er schon gearbeitet hat, verrät Bruch nicht. „Diskretion ist das Wichtigste für Butler“, sagt der 29-Jährige.

Nacheinander zählt Bruch auf, worauf es bei einem Hausdiener ankommt: „Loyalität, gute Manieren, gepflegtes Äußeres, Organisationstalent.“ Und besonders wichtig sei, dass man nicht auffällt. Mit Freude berichtet er von einer Firmenfeier, bei der sein Auftraggeber besonders diese Eigenschaft bei ihm lobend hervorhob: „Der sagte zu mir: Sie sind wie ein Schatten.“ Und das sei „eines der schönsten Komplimente, die man als Butler bekommen kann“. (mz)

Miss Sophie und ihr Butler James im „Dinner for One“‚
Miss Sophie und ihr Butler James im „Dinner for One“‚
dpa Lizenz