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Wandervögel Wandervögel: Drei Botenläufer hielten die Strapaze durch

21.06.2004, 15:34

Wittenberg/Berlin/MZ/mat. - Von Berlin nach Wittenberg? Ein wenig mehr als eine Stunde mit dem Auto. Und zu Fuß? 19 Stunden, 45 Minuten. Willi Leps, Bernd und Norman Güldner von den Wittenberger Botenläufern haben die Strecke bewältigt. Non-Stop.

Sie hatten sich auf die Spuren der Wandervogel-Bewegung begeben. Der Steglitzer "Urwandervogel" Bodo Thiede hatte sich 1904 auf den Weg gemacht - und nicht eher gerastet und geruht, "bis die Kirchtürme der ehrwürdigen Lutherstadt Wittenberg im Licht der untergehenden Sonne sichtbar wurden und er seinen Stab mitten auf den Marktplatz in die Erde stechen konnte." Der erste "Klotzmarsch" des Wandervogels war Geschichte geworden. Bis zum ersten Weltkrieg haben Berliner Wandervögel es gelegentlich nachgemacht. Die Strecke Steglitz-Wittenberg wurde Kult.

In Erinnerung an diese Tradition und mit dem Ziel, die Bedeutung der aus dem Wandervogel erwachsenen Jugendbewegung ins Gedächtnis zu rufen, wiederholten 100 Jahre später die Wittenberger Botenläufer am vergangenen Wochenende den Weg. Das Team war guter Hoffnung, denn alle waren schon bei Marathonläufen erfolgreich dabei gewesen.

Aber dass Laufen und Wandern sich voneinander sehr unterscheiden, dies wurde den Aktiven sehr schnell deutlich. 16:45 Uhr war Start, 13 Aktive begannen ihr Abenteuer, sechs Teilnehmer zur "moralischen Unterstützung" des "harten" Kerns. In 5 Stunden wurden genau 25 km zurückgelegt und eine erste Pause war gegen 23 Uhr nötig. Es wurde viel getrunken, daneben intensive Fußpflege betrieben. Beim Kilometer 42,5 gab der erste Wanderer auf. 15 km weiter folgten die nächsten. Als in Kemnitz der Vierte das Handtuch warf, waren es nur noch drei mit der Chance, das Ziel, zu erreichen. Körperlich richtig weh tat es zwischen dem 50. und 85. Kilometer. Das 2-Mann-Begleit-Team hatte große Sorgen, die restlichen Aktiven physisch und vor allem moralisch wieder aufzurichten. Es gelang durch umfangreiche "Seelenmassage", die körperliche und geistige Flaute und den toten Punkt zu überwinden. Um die Mittagsstunde zeigte sich mit einem Blick auf die Türme der Stadtkirche das ersehnte Ziel. Mit unterwegs waren: Ullrich Pfingsten, Rudolf Kaufhold, Dieter Krüger und Wilfried Mehre.