Sorgenkind Vetro Solar Sorgenkind Vetro Solar: Mehr als zwei Millionen Euro Rückstände bei der Stadt
Sandersdorf - Die Stadt Sandersdorf-Brehna wird die Geister nicht mehr los, die sie gerufen hat. Nach dem Abschluss eines Mietkaufmodells mit dem Unternehmen Vetro Solar im Jahr 2010 sprudeln nicht die Einnahmen, sondern wachsen die offenen Forderungen. So ist der norwegisch-deutsche Konzern nach MZ-Informationen mittlerweile mit mehr als zwei Millionen Euro im Zahlungsverzug gegenüber der Stadt Sandersdorf-Brehna. Ein Ende der Zitterpartie ist noch nicht in Sicht.
Zum Hintergrund: Vor fünf Jahren vorfinanzierte die Kommune dem Solarunternehmen die Produktionshalle, in der Vetro Solar seither Mieter ist. Dafür nahm die Stadt einen Kredit von acht Millionen Euro auf. Das Land Sachsen-Anhalt gab noch einmal rund vier Millionen Euro obendrauf. Weil das Geschäft bei Vetro Solar aber nicht läuft – bedingt vor allem durch die Solarkrise – häufen sich seit Jahren Außenstände an.
Miete nicht fristgemäß gezahlt
Auch in den vergangenen Monaten Mai und April hat Vetro Solar zum wiederholten Mal die vertraglich vereinbarte Monatsmiete für die Produktionshalle von 70.000 Euro nicht fristgemäß an die Kommune bezahlt. Zudem wurden siebenstellige Beträge gestundet, Fälligkeiten also hinausgeschoben, womit die Stadt dem Unternehmen entgegengekommen ist. Vetro Solar wollte auf Nachfrage auf Mietvertrag-Details nicht eingehen. „Aber bei den Zahlungen sind wir im Plan“, behauptet Vetro-Solar-Geschäftsführer Morten Hansen. Die offenen Forderungen von mehr als zwei Millionen Euro bestätigte der Geschäftsführer nicht: „Diese Zahl ist absolut nicht richtig und wir haben Pläne, wie wir zusammen mit Sandersdorf-Brehna weiter vorangehen.“ Sein Unternehmen wolle sich in der Kommune „langfristig“ etablieren. Die Stadt Sandersdorf-Brehna lässt Anfragen zu Vetro Solar momentan unbeantwortet.
Derzeit reden nach MZ-Informationen beide Partner darüber, bis zum Ende des im September auslaufenden aktuellen Mietkaufvertrags die Miete für Vetro Solar zu halbieren. Ein Vorschlag von Vetro Solar, der Bände spricht. Dabei rechnete Marketing-Chef Ingo Stöhr im Februar noch mit einer Marktbelebung. Doch das Unternehmen schreibt auch allen Personalveränderungen auf der Führungsebene zum Trotz weiterhin rote Zahlen. Der Vetro-Geschäftsführer wird aber nicht müde, Optimismus zu verbreiten. Im dritten Quartal will das Unternehmen laut eigenen Angaben ins Plus drehen, so Hansen.
Der im Jahr 2010 geschlossene Mietkaufvertrag sieht eigentlich vor, dass Vetro Solar nach fünf Jahren regelmäßiger Mietzahlungen die Produktionshalle an der B 183 mit einer Millionen-Euro-Zahlung kauft. Dieser Schritt sei laut Morten Hansen auch weiterhin möglich. Realistisch ist derzeit aber, dass der bis Ende September 2015 laufende Mietkaufvertrag um weitere Jahre verlängert werden muss – was so nie geplant war. Dann ginge für die Kommune das Warten auf das vorgeschossene Geld in die Verlängerung.
Große Nervosität
Trotz aller Unsicherheiten besitzt die Stadt Sandersdorf-Brehna auf dem Dach der Vetro-Solar-Halle aber noch eine Lebensversicherung: Ein Solardach bringt monatlich Einnahmen aus der Einspeisevergütung.
Dennoch ist die Nervosität bei dieser Thematik groß. Mittlerweile hat der Stadtrat der Kommune mindestens fünf Mal über das Unternehmen debattiert, stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit. 28 Räte kamen zum Teil zu Sitzungen zusammen, um über nur ein relevantes Thema zu sprechen: Vetro Solar. Auch bei der nächsten Ratssitzung am kommenden Donnerstag spricht der Rat im nicht-öffentlichen Teil über das Unternehmen.
Als Option steht offenbar auch im Raum, den Mietkaufvertrag zu kündigen. Dadurch könnte die Kommune Eigentümer der Solarhalle bleiben. Doch drohten auch Millionen-Verluste für die Stadt, weil sie ihre verteilten Kredite nicht zurückbekommen könnte. Deshalb besteht in Sandersdorf-Brehna offenbar ebenfalls noch die Hoffnung auf die Trendwende bei Vetro Solar. Diese stellt das Unternehmen mit seiner zweiten geplanten Produktionslinie in Aussicht, die ab 2016 kommen soll. Hinzu kämen auch angekündigte Optimierungen in der ersten Produktionslinie, heißt es. (mz)