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Schau im Haus der Geschichte Schau im Haus der Geschichte: Nackte Tatsachen aus der DDR

Von Corinna Nitz 07.10.2002, 15:07

Wittenberg/MZ. - Was dem Westmann das "Penthouse" war dem Ostdeutschen "Das Magazin". Einmal im Monat wurde dort zwischen durchaus interessanten Texten ein Aktfoto abgedruckt, weswegen die Heftchen so begehrt waren, dass sie - wie so Vieles im real existierenden Sozialismus - blitzfix unter die Kategorie "Bückware" fielen. Noch komplizierter, als das Heft am Kiosk zu ergattern, war es, ein Abonnement zu erhalten. Zumindest Bernd Hube vom Wittenberger Verein Projektgemeinschaft Frauen, Landwirtschaft und Gesellschaft (Pflug) kann sich erinnern, "dass man nur eins bekam, wenn ein Abonnent verstorben war".

Unter dem Titel "Die nackte Republik" gibt es jetzt im Haus der Geschichte in Wittenberg, einem Ableger des Pflug-Vereins, eine vom "Magazin" organisierte Ausstellung mit Aktfotografien aus 40 Jahren Alltag im Osten. Den Betrachter erwartet eine seltsame Mischung aus Lust an der Selbstdarstellung und sichtlicher Befangenheit vor der Kamera.

Da posieren Ehefrauen und Freundinnen vorm Trabi, junge Mädchen rekeln sich in den Dünen am Ostseestrand oder probieren einen erotischen Auftritt in der guten Stube im Einheits-Plattenbau. Und die Herrenwelt stellt selbstbewusst ihre Männlichkeit zur Schau. Die Fotos entsprechen keinem gängigen Schönheitsideal. Vielen wohnt etwas Unschuldiges inne. Und nicht selten wird die persönliche Beziehung zwischen "Objekt" und Fotografen spürbar.

Vor allem erzählen die Bilder von einem Lebensgefühl, das wohl nicht nur in der Retrospektive zu einem Freiheitssymbol gerät. Da der Staat unter den Amateuren, die sich darauf kapriziert hatten, ihre Nächsten nackt abzulichten, "keine Gefahr witterte", wie Bernd Hube betont, mischte er sich auch nicht ein. Ebenso wenig gerieten die Anhänger der Freikörperkultur in den Verdacht, einen Aufstand gegen das Regime anzuzetteln.

Die Resonanz auf die Schau in Wittenberg ist jedoch nicht nur unter Ostdeutschen groß. Pflug-Mitarbeiter Hube berichtet von Touristen aus den alten Bundesländern, die sich gleichermaßen für die nackten Tatsachen interessieren.

"Die nackte Republik". Die Ausstellung der Zeitschrift "Das Magazin" kann bis zum 5. Januar 2003 im Haus der Geschichte in Wittenberg, Schlossstraße 6, besucht werden. Telefonische Informationen unter 0 34 91 / 40 90 04.