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Raguhn-Jeßnitz Raguhn-Jeßnitz: Wut und Resignation nach dem Hochwasser

Von Detmar oppenkowski und Anne Schneemelcher 08.06.2013, 18:08
Aus den Kellern wird das Wasser ausgepumpt.
Aus den Kellern wird das Wasser ausgepumpt. André Kehrer Lizenz

Raguhn-Jessnitz/MZ - In Raguhn-Jeßnitz kann gestern Mittag zunächst aufgeatmet werden, denn der Krisenstab teilt mit: Es gibt hier keine Gefahrenlage mehr! Auch in Jeßnitz-West ist das Hochwasser aus den Straßen gewichen. Allerdings steht es noch immer in den Kellern.

Bislang konnte man das ganze Ausmaß der Flutschäden nur anhand der Luftbilder vage erahnen. Doch ein Abstecher auf den Boden der Realität zeigt: Jeßnitz-West hat es wieder einmal hart getroffen. Zwar blieb der Höchstpegel knapp 25 Zentimeter unter der Marke des Jahrhunderthochwassers von 2002. Aber das hat gereicht, um viel Schaden anzurichten.

„Wir haben vor der Evakuierung versucht zu retten, was zu retten ist“, sagt Roswitha Niestroj. Nur die Kühltruhe konnten sie und ihr Mann aufgrund des Gewichts nicht nach oben tragen. „Nun schwimmt sie im Keller.“ Montagmittag habe man das Haus verlassen müssen. Doch wohin? Die Kinder wohnen in Jeßnitz und Halle - und damit ebenfalls in der Gefahrenzone. Schlussendlich sei man bis Donnerstag bei Bekannten untergekommen. „Dann hat uns nichts mehr gehalten.“

Beim Öffnen der Türen haben sich dann all die schlimmen Befürchtungen bestätigt. „Doch dieses Mal ist das Wasser nicht in die Wohnung gelaufen.“ Das macht nicht alles, aber zumindest einiges einfacher.

Anders sieht es bei Monika Stecher aus. 2,30 Meter stand das Wasser im Keller. Im Klartext heißt das: Heizung, Waschmaschine, Trockner - alles defekt. „Wir warten jetzt auf den Gutachter. Aber wo bleibt die schnelle Hilfe, wo die Informationen?“ Weder vor, noch nach der Flut erfahre man etwas. Und auch während des Hochwassers habe nichts so geklappt, wie man es erwartet habe. „Wir mussten uns selbst retten“, sagt Schwiegertochter Silke Stecher. Sie fragt: „Wie soll es jetzt hier weitergehen?“ Aus anderen Städten höre man, dass es Soforthilfeprogramme gibt. „Aber hier ist jeder auf sich allein gestellt.“

Das müssen auch Margrit Barthel und ihr Partner Anton Kontny erneut am eigenen Leibe erfahren. Ob 2002 oder 2011 - das Wasser stand zum Leidwesen aller schon oft hier. „Doch wann wird endlich etwas dagegen gemacht?“, fragt Kontny energisch und zielt damit auf die Deichlücke zwischen Greppin und Jeßnitz-West ab. Interessiert hat er die Magdeburger Diskussionen um Mittelkürzungen beim Hochwasserschutz verfolgt. „Das haben wir nun davon“, sagt er und zeigt auf die an der Garage angebrachte Spitzmarke aus dem Jahr 2002. „Wir sind nur knapp darunter geblieben“, so Kontny. „Seit Jahren wird uns versprochen, dass die Lücke geschlossen wird. Aber es passiert einfach nichts, und wir saufen hier immer wieder und wieder ab“, sagt Steffen Barthel. Damit hinterlässt das Hochwasser in Jeßnitz-West neben den Schäden vor allem Wut und Resignation.

Auch die Sandsäcke von Hubert Niestroj haben wenig gebracht.
Auch die Sandsäcke von Hubert Niestroj haben wenig gebracht.
André Kehrer Lizenz