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Mit Stahlseilen gegen den Wind

Von Corinna Nitz 30.09.2004, 16:00

Wittenberg/MZ. - Die Bauarbeiten an der Wittenberger Eisenbahnbrücke werden voraussichtlich bis Ende Oktober dauern. Dies teilte auf Nachfrage Gerhard Braune vom Projektbau bei der Deutschen Bahn (DB) in Magdeburg mit. Die Maßnahme sei notwendig geworden, um die roten Verstrebungen, auch Hänger genannt, zwischen dem Fachwerk und dem stählernen Bogen der Brücke zu stabilisieren (die MZ berichtete).

Braune zufolge komme es aufgrund veränderter Windeinflüsse zu erheblichen Schwingungen der Hänger. Dies könnte dazu führen, dass sich die Lebensdauer der Brücke von 80 auf 20 Jahre reduziert. Indem nun Stahlseile kreuzweise zwischen die Hänger gespannt werden, soll die Bewegung auf zehn Prozent verringert werden. Der Gerüstaufbau wurde dieser Tage abgeschlossen. Auch die meisten Öffnungen für die späteren Seilhalterungen seien bereits vorgebohrt. Insgesamt, schätzt Braune, werden in den kommenden Wochen bis zu 15 Mitarbeiter in luftiger Höhe ihr Werk verrichten. Reichlich 300 000 Euro stelle der Bund für die Maßnahme zur Verfügung. Es soll zu keiner Zeit zu Beeinträchtigungen im Bahnverkehr kommen. Braune: "Wenn wir doch mal sperren müssen, dann machen wir das nachts. Die Reisenden werden davon nichts merken."

Auf die Frage, ob man bei den Vorbereitungen des Bauwerkes vor zehn Jahren die Windverhältnisse möglicherweise falsch eingeschätzt habe, betont Braune ausdrücklich: "Sowohl in eingeholten Gutachten als auch in vorliegenden Bahnvorschriften wurden die ergriffenen Maßnahmen als ausreichend empfunden." Man habe auch nicht - in der Annahme, "dass sich vielleicht klimatologische Veränderungen einstellen" - prophylaktisch größer bauen können. Im Übrigen weist er darauf hin, "dass die Sicherheit weder jetzt noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt gefährdet war". Auf den Hinweis eines MZ-Lesers, dass die Schwingungen womöglich gar nicht durch den Wind ausgelöst würden, stattdessen die Bauweise der Brücke selbst dafür verantwortlich sei (wegen der S-Kurve würde der Intercity-Express beim Abbremsen vor dem Hauptbahnhof die Gleise auseinander drücken und so die Schwingungen herbeiführen), möchte Braune nicht eingehen. Er verweist an die zuständige Pressestelle der DB in Leipzig.

Deren Sprecher Frank Kniestedt betont gegenüber der MZ: "Die Brücke wurde nach den erforderlichen technischen Vorschriften gebaut. Es wurden alle Kräfte, die beim Befahren mit den zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auftreten, berücksichtigt." Auch eine andere Mutmaßung, dass durch die Jahrhundertflut 2002 die im Elbekies gegründeten Fundamente beschädigt worden seien, wehrt Kniestedt ab. "Die Schwingungen", wiederholt er, "haben ausschließlich mit den Windeinflüssen zu tun."

Die Eisenbahnbrücke in Wittenberg wurde erst im Mai 2000 in Betrieb genommen. Insgesamt beliefen sich die Kosten für die Errichtung der 333 Meter langen Stahlkonstruktion seinerzeit auf rund 42 Millionen Mark.