1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. MDR: Über sechs Millionen Tonnen Chemieabfälle in Bitterfelds Boden

Boden und Wasser vergiftet MDR "Exakt - Die Story": Über sechs Millionen Tonnen Chemieabfälle in Bitterfelds Boden

Seit über 30 Jahren lagern giftige Chemieabfälle in der Deponie "Freiheit III" und dem "Silbersee" bei Bitterfeld-Wolfen. Mehr als sechs Millionen Tonnen Giftmüll liegen dort begraben, mit schlimmen Folgen für die Umwelt.

Von DUR/le 28.03.2024, 12:55
Giftige Abfallprodukte der Chemieanlagen in Bitterfeld-Wolfen wurden oft in der Umwelt im "Silbersee" oder der Deponie "Freiheit III" entsorgt und belasten noch heute die Umwelt.
Giftige Abfallprodukte der Chemieanlagen in Bitterfeld-Wolfen wurden oft in der Umwelt im "Silbersee" oder der Deponie "Freiheit III" entsorgt und belasten noch heute die Umwelt. Archivfoto: Waltraud Grubitzsch/picture-alliance /dpa

Bitterfeld. - Chlor galt als einer der wichtigsten Rohstoffe der DDR. Daraus wurden rund 300 Produkte angefertigt, darunter Schuhe, Tischdecken oder Bodenbeläge, aus dem chemischen Grundstoff hergestellt. Eines der größten Chemiekombinate befindet sich in Bitterfeld-Wolfen.

Die meist giftigen Abfallprodukte der Chemieanlagen wurden früher bundesweit oftmals in der Umwelt entsorgt. In Bitterfeld vorrangig in der Deponie "Freiheit III", in der rund sechs Millionen Tonnen Chemieabfälle unter der Erde gelagert werden. Von Rasen bewachsen, liegt der Giftmüll auch 30 Jahre später noch dort. Die Folgen für die Umwelt, Menschen und Tiere sind dabei unvorstellbar.

Lesen Sie auch: Vor 55 Jahren starben 42 Arbeiter bei Chemieunfall - Mindestens 270 Verletzte

"Vergifteter Boden, verseuchtes Wasser": Die Altlasten der Chemieindustrie in Bitterfeld-Wolfen

Die Hinterlassenschaften der DDR dokumentierte der MDR vor 30 Jahren für ein Buchprojekt mit Fotos. Offene Fässer mit Teer-, Farben-, Phosphor- und Chlorabfällen lagen dort mit der Öffnung nach unten. Nun kehrte der Sender zurück nach Bitterfeld und dokumentiert die Geschehnisse in "Vergifteter Boden, verseuchtes Wasser - Wie Chemie Altlasten Generationen belasten" in "Exakt - Die Story".

"Das sind industrielle Altlasten aus 140 Jahren Industriegeschichte", erklärt Prof. Holger Weiß vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung dem MDR. In unmittelbarer Nähe der Deponie "Freiheit III" befindet sich der "Silbersee", ein altes Tagebau-Restloch, das ebenfalls zur Entsorgung genutzt wurde. In einem 16 Meter tiefen Morast, bedeckt mit etwas Wasser, lagert der alte Giftschlamm. Von dort aus werden auch 30 Jahre später noch Schadstoffe ins Grundwasser abgegeben.

Giftige Schadstoffe im Boden und im Wasser bei Bitterfeld: Grundwasser wird mit Pumpe gereinigt

Gereinigt wird das Grundwasser durch Abpumpen, um die Anwohner vor den giftigen Stoffen zu schützen. Gefördert wird dabei vor allem Chlorbenzol. Die schwarze Pampe ist hochgiftig, krebserregend und erbgutschädigend.

Ohne die Pumpen würde das vergiftete Grundwasser die umliegenden Gebiete für Mensch und Tier unbewohnbar machen. Die Aufbereitung des Wassers kostet zehn Millionen Euro im Jahr, eine andere Möglichkeit gebe es allerdings nicht, um die Gegend bewohnbar zu machen. Ansonsten müssten viele Anwohner umziehen und ihre Häuser aufgeben.

Frühestens in 15 Jahren soll das giftige Loch verschwunden sein, zugeschüttet mit Schlacke. Die Folgen für die Umwelt reichen allerdings weiter, ist sich Prof. Weiß sicher: Die Fehler der Vergangenheit werden uns wohl noch Jahrhunderte beschäftigen und so bleibe auch der Blick in die Zukunft laut "Exakt" ungewiss.

Chemieabfälle im Boden: Bitterfelds Schwesterwerk in Hürth stärker betroffen

Ein Schwesterwerk von Bitterfeld steht in Hürth, südlich von Köln, und wird ebenfalls vom MDR besucht. Hier seien die Auswirkungen noch stärker zu spüren, erzählt Susanne Geilen, die nur 400 Meter vom Chemiepark Knapsack entfernt wohnt. Der Gestank hindere sie teilweise daran, das Haus zu verlassen. Sehen kann sie die Ausdünstungen ebenfalls. "Weiße Wolken, schwarze Wolken, braune Wolken - alles dabei", erzählt sie dem MDR. Gesund dürfte das keinesfalls sein.

"Exakt- Die Story" zeigt Reportagen aus Gesellschaft und Politik, und erzählt spannende Geschichten über Menschen aus Mitteldeutschland. Die komplette Folge kann man sich in der Mediathek des MDR ansehen.