Hochwasserschutz Hochwasserschutz: Ein Ventil für die Mulde
Pouch/Löbnitz/MZ - Wenn sachsen-anhaltische und sächsische Politiker sich an der Landesgrenze bei Löbnitz treffen, dann ist das vor allem eine Gelegenheit, die Verantwortlichen dafür zu sensibilisieren, dass die Mulde keine Grenzen kennt. Dieser Tage diskutierte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) vor Ort mit Experten und Betroffenen die Folgen der Juni-Flut in dieser Region.
Andreas Berkner, Leiter der Regionalen Planungsstelle des Planungsverbandes Westsachsen, brachte es so auf den Punkt: „Wir brauchen jetzt keine Schuldzuweisungen in Richtung Sachsen oder Sachsen-Anhalt, sondern schnell ein wirksames Hochwasserkonzept.“ Dazu gehört für ihn auch ein Einlaufbauwerk in Löbnitz, mit dem, ähnlich wie ein Ventil an einer unter Druck stehenden Wasserleitung, der Muldezufluss reguliert werden kann.
Der Gesprächsstandort war gut gewählt: genau an der Stelle, an der die Mulde Anfang Juni in Löbnitz den Deich durchbrach, den Seelhausener See von 78 auf über 84 Meter anstiegen ließ und das mit solch einer Macht, dass das Wasser die Staatsstraße 12 (Bad Düben – Pouch) auf 300 Meter Länge mit sich riss. Berkner rechnete vor: „Das Einlaufbauwerk am Zwenkauer See wurde drei Wochen vor dem Hochwasser fertig und hat von Leipzig 130 Kubikmeter Wasser je Sekunde abgehalten. Die zwölf Millionen Euro sind da angesichts des vermiedenen Schadens wenig.“ Tillich konterte zwar: „Sagen Sie nicht, dass zwölf Millionen Euro wenig sind.“ Er stimmte aber zu, dass „es sich bezahlt gemacht hat. Denn ohne dieses Einlaufbauwerk hätten wir auch am City-Tunnel und am Hauptbahnhof Probleme bekommen.“ Zusagen bezüglich Berkners Forderung vermied Tillich aber.
"Wir verlieren jeden Monat 10 000 Euro nur durch den 13 Kilometer langen Umweg"
Das gilt auch für die Wiederherstellung der S 12. Einig war man sich, dass die nicht wie nach 2002 erneut als Damm errichtet werden darf. Verständnis gab es dafür, dass die Suche nach einer besseren Lösung Zeit kostet. „Doch gerade deshalb brauchen wir ein Provisorium“, forderte Heinz-Manfred Schlüter, Betriebsleiter der Kieswerke Löbnitz „Wir verlieren jeden Monat 10 000 Euro nur durch den 13 Kilometer langen Umweg. Und die Zwischenlösung kostet keine Unsumme.“ Stanislaw Tillich warf dagegen ein: „Aber sie muss wenigstens über den Winter halten, wenn wir Steuergeld in die Hand nehmen. Schlüter dazu: „Doch wenn wir jeden Monat 10 000 Euro verlieren, können sie dafür auch keine Steuern bekommen.“
Das Problem ist erkannt, auch wenn der Teufel im Detail steckt. Petra Döring, parteilose Bürgermeisterin der Gemeinde Muldestausee, wies darauf hin, dass schon vor dem Hochwasser geplant war, die Staatsstraßenbrücke über den Lober-Leine-Kanal ab dem zweiten Quartal 2014 zu sanieren. „Wenn das Provisorium erst dann fertig ist und wir die Straße dann wegen des Brückenbaus sperren, versteht das keiner.“
Thomas Hartmann aus Glaucha fragte nach, wann der Gesetzgeber denn endlich eine schnellere Planung des Hochwasserschutzes erlaube. „Das sächsische Wassergesetz ist durch und enthält schon einige Änderungen.“ Eine Bundesratsinitiative mit Bayern sei zudem eingebracht, so der Ministerpräsident kurz und knapp.
Landwirt Peter Ronneburg gab dem Landes-Chef noch mit auf den Weg: „Unsere Pflanzenproduktion Löbnitz produziert seit Jahrhunderten in der Aue Getreide. Jetzt werden 200 Hektar Polderfläche. Wir sind nicht dagegen, doch eine Entschädigung muss gesetzlich festgeschrieben werden.