Geplanter Edeka-Markt in Bitterfeld Geplanter Edeka-Markt in Bitterfeld: Schandfleck oder Supermarkt?

bitterfeld - Der geplante Edeka-Markt auf dem früheren Bitterfelder Molkereigelände erhitzt seit Wochen die Gemüter.
Nachdem der Bitterfeld-Wolfener Stadtrat unter Umgehung des geltenden Einzelhandelskonzepts für eine mögliche Erweiterung der Verkaufsflächen von Real in der Anhaltstraße gestimmt hatte, bewegte sich am Standort bislang nicht mehr viel. Das Unternehmen möchte dort künftig vor allem das leerstehende ehemalige Praktiker-Gebäude nutzen.
Der Stillstand vor Ort könnte aber schon bald passé sein: Nach Aussagen von Dirk Weber, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung von Bitterfeld-Wolfen, wird es noch in diesem Monat ein Gespräch zwischen Real-Verantwortlichen, Planern und der Stadtverwaltung geben. Über konkrete Inhalte gab Weber allerdings keine Auskunft.
Im Auftrag der Edeka-Gruppe hatte das Unternehmen GPM Gewerbeprojektmanagement die Stadtverwaltung im August über das Bauvorhaben informiert und um Genehmigung gebeten. Die Stadt lehnte mit Verweis auf das bestehende Einzelhandels- und Zentrenkonzept ab.
Dagegen läuft der Bitterfelder Ortschaftsrat Sturm. Mit großer Mehrheit sprachen sich dessen Mitglieder für den Markt aus. Werner Rauball (Die Linke) erinnerte im Wirtschaftsausschuss an das Votum und riet, im Dezember-Stadtrat über den Ansiedlungswunsch und die dafür notwendige Änderung von Bebauungs- und Flächennutzungsplänen abstimmen zu lassen.
Kein Investor für Molkereiareal
Als Argument für Edeka bringt der ehemalige Bitterfelder Bürgermeister vor allen Dingen die Tatsache ins Spiel, dass für das nach jahrzehntelangem Leerstand völlig ruinöse Molkereiareal bis heute kein Investor gefunden werden konnte. Daran habe auch die Einordnung des Gebiets in das Areal für Wohnbebauung und touristische Nutzung nichts geändert. Das könnte sich durch Edeka ändern. „Der Schandfleck wäre verschwunden“, so Rauball.
Solche Aussagen ziehen. Die Verwaltung setzen sie indes unter Druck. Mit ihrem Nein zum Edeka-Markt handelte sie sich wiederholt Schelte ein. Dirk Weber, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, will die Kritik indes nicht verstehen. Er pocht auf Einhaltung des Einzelhandelskonzepts, das auf die Stärkung der Innenstädte setzt und bringt den Gleichheitsgrundsatz ins Spiel. Würde es weitere Ausnahmen von der Norm geben, wäre das Konzept nicht mehr als Makulatur. „Aber Sie als Stadträte müssen entscheiden. Wir setzen alles nur um.“
Chancen vertan
Für Weber wäre die Ansiedlung eines weiteren Marktes in unmittelbarer Nachbarschaft zur Goitzsche allerdings ein Fehler. „Wir vertun uns für einen kurzfristigen Erfolg viele Chancen.“ Zwar kann der Verwaltungsmitarbeiter nach dem Aus für die Goitzsche-Arkaden keine konkreten neuen Ideen für eine Aufwertung der Bitterfelder Innenstadt präsentieren. Aus planerischer Sicht ist für ihn der Ansatz einer Verbindung der Innenstadt über einen bebauten Schweinemarkt Richtung Goitzsche aber immer noch ein Erfolg versprechender.
Daran zweifelt Gunther Krezeminski nicht. Der langjährige Bitterfelder Planungsamtsleiter glaubt allerdings nicht daran, dass ein großer Supermarkt zahlreiche Menschen in die Innenstadt zieht. Zumal man damit Unmengen von Fahrzeugen in die Stadt holen würde. „Aber das macht niemand. Niemand fährt mit dem Auto zum Supermarkt in die Stadt und dann wieder raus auf die Bundesstraße.“ Diese Erfahrung hätten die Betreiber des damaligen Kaisers-Marktes in der Bitterfelder Mühlstraße machen müssen. Der wurde wegen zu geringer Nutzung geschlossen.
Das Einzelhandelskonzept noch mehr aufweichen und den Bau eines weiteren Supermarktes auf der Industriebrache Molkerei erlauben: Darüber wird der Stadtrat mit großer Wahrscheinlichkeit im Dezember beraten. Der Wirtschaftsausschuss gab keine Empfehlung zum Ansinnen der Edeka-Gruppe ab. „Die Hausaufgaben liegen jetzt beim Bitterfelder Ortschaftsrat. Er muss einen entsprechenden Beschlussantrag formulieren und in die Beratung einbringen“, betonte Ausschussvorsitzender Uwe Kröber (CDU). (mz)