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Durch die Coronazeit Durch die Coronazeit: Erzieher sucht nach Brieffreunden für Sandersdorfer Hortkinder

Von Sylvia Czajka 22.01.2021, 08:34
Die Briefe von Sandersdorfer Kindern werden schon bald durch die Welt reisen.
Die Briefe von Sandersdorfer Kindern werden schon bald durch die Welt reisen. André Kehrer

Sandersdorf - „Gute Briefe sind wie gute Freunde. Sie dürfen es heute eilig haben, aber sie müssen sich morgen Zeit nehmen.“ Was für eine Punktlandung des Dramatikers Oscar Wilde. Sich Zeit nehmen, dafür wirbt auch der Zschornewitzer Tobias Tschöpe bei „seinen“ Kindern im Hort Sandersdorf.

Zeit nehmen für etwas Besonderes, für stille persönliche Momente weitab von Whatsapp und Internet. All das wird das „Zauberbuch der Freundschaft“ bieten. Der gute alte Füller oder gar die Feder bekommen in der Sandersdorfer Grundschule wieder etwas zu tun - dazu nehme man Briefpapier.

Ist das nicht längst aus der Mode gekommen bei den Kids des 21. Jahrhunderts? Tschöpe meint „nein“. Corona hat die Welt kleiner gemacht, aber die Sandersdorfer Kinder lassen sich eben nicht in die Enge drängen. Die Welt kommt zu ihnen nach Hause, landet im Postkasten: durch Brieffreundschaften.

„Dadurch wird man eben fröhlicher, wenn man auch mal einen Freund hat“

20 Adressen hat Tschöpe schon im großen Zauberbuch notiert. Darunter ist auch die von Katharina, die in Spielberg wohnt - in Österreich. Der Erzieher will mehr Adressen, viel mehr. Dafür bemüht er das Internet, sucht auf Facebook Kinder, die sich mit Sandersdorfern anfreunden möchten. Es gebe keine Barrieren ob Sprache oder Hautfarbe. „Wir sind alle gleich.“

„Es wäre schön wenn man die gleichen Interessen hat, damit man sich bei einem Treffen gut versteht und man dann gemeinsame Unternehmungen starten kann. Er sollte einen halt gut verstehen, wie echte Freunde. Und dabei ist es egal, ob er dick oder dünn ist oder groß oder klein“, Clara (9) hat klare Vorstellungen von ihrem zukünftigen noch unbekannten Brieffreund und sie glaubt, die Zauberbuch-Idee ist gerade etwas für Kinder, die nicht so viele Freunde haben.

„Dadurch wird man eben fröhlicher, wenn man auch mal einen Freund hat. Dem kann man mal seine Probleme erzählen oder was man erlebt hat und gemeinsam Spaß haben.“ Genau das steckt hinter der Idee des Horterziehers. Denn der erinnert sich gern auch an seine Brieffreundin zurück: Christina, so heißt sie und die wohnt heute noch am Bodensee.

Erst Koch in Berlin, jetzt Erzieher in Sandersdorf

So einen Freundschaftspakt fürs Leben will Tschöpe „seinen“ Kindern nicht vorenthalten. Und er geht mit dem „Verkuppeln“ nicht leichtfertig um. Alle Adressen werden von ihm sorgsam geprüft. Nur so findet sich ein Plätzchen im Sandersdorfer Zauberbuch.

Zaubern, das war irgendwie schon immer Tschöpes Ding. Auch in seinem ersten Beruf hatte er dafür ein Händchen. Nämlich an den Kochtöpfen. Der heute 39-Jährige ist in der Sterneküche kein Unbekannter. Im Hotel Adlon in Berlin und auf der MS Europa schwang er 15 Jahre erfolgreich den kulinarischen Zauberlöffel und musste letztendlich feststellen: Es sei der familienunfreundlichste Job der Welt gewesen. Das ließ sich durch ein Studium ändern. „Jetzt bin ich wieder glücklich“, betont der Erzieher. Die besten Schnitzel übrigens, „die macht eben doch meine Frau“. (mz)

Über die Vermittlung von Freundschaftsadressen in aller Welt ist Tobias Tschöpe dankbar. Er ist über Facebook erreichbar.

Tobias Tschöpe und das Zauberbuch der Freundschaft
Tobias Tschöpe und das Zauberbuch der Freundschaft
André Kehrer