Die Glocken-Mission: Die Glocken-Mission: Patronenhülsen und Sportmedaillen werden in Bitterfeld zu Friedensbotschaftern

Bitterfeld - Bei den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff und Bodo Ramelow stehen die Friedensglocken aus Bitterfeld schon im Büro. Doch der Verein „Zukunft Frieden“ will mehr: Der Kreml ist ein Ziel.

Sollte das tatsächlich klappen und das Geläut auf Putins Schreibtisch landen, darf eigentlich das Weiße Haus in Washington nicht fehlen. Vereinschef Peter Junge jedenfalls findet diese Idee, die ihm die MZ machte, toll. Es wäre die Krönung der Bitterfelder Glocken-Mission, die letztlich ausgelöst wurde von der aus Zerbst stammenden Zarin Katharina der Großen.

Bekanntlich sollte der dritten Friedenslauf des Vereins 2020 von Zerbst nach St. Petersburg führen. Dann kam Corona. Doch hält der Verein am Vorhaben fest und damit auch an der dazugehörenden Glocken-Aktion.

„Wir suchten für den Lauf eine symbolische Aktion“, erzählt Junge. Inspiriert worden seien sie durch Pferdesportler des Vereins Kaltblut Brück, die 2018 mit Planwagen eine Glocke ins russische Weliki Nowgorod brachten. „Die Glocke ist das perfekte Symbol, um für Frieden, Demokratie und Toleranz einzutreten.“

Über Jahrhunderte läuteten Glocken nicht nur bei Krönungen, Hochzeiten und Todesfällen, sondern warnten auch vor Angreifern oder erschallten, wenn Frieden einzog. „Sie wurden aber auch zu Kanonen eingeschmolzen“, erinnert Junge. Die Bitterfelder drehten deshalb den Spieß um. Ihre Glocken sollten aus Patronenhülsen und Sportmedaillen gegossen werden. Doch funktioniert das überhaupt?

„Ich war skeptisch“, sagt Maxim Engelmann. Er ist mit seinem Bruder Inhaber der Kunstgießerei Lauchhammer, an die sich die Bitterfelder Ende 2018 wandten. „Aber die Idee fand ich großartig.“ Junge, der einst in der Gießerei der Pumpenwerke Halle als Graugusshandformer mit Abitur ausgebildet worden war, überzeugte ihn, den Versuch zu wagen.

„Es kommt auf das Mischungsverhältnis an. Und man kann ja bei der Metallzugabe variieren“, so Engelmann. Schon der zweite Versuch klappte. „Sie klingt fröhlich“, beschreibt Engelmann, der inzwischen selbst ein Läufer des Verein geworden ist, den Klang. So wurden 40 kleine Glocken mit dem von Ronny Claus gestalteten Motiv gegossen. Kosten pro Stück: 115 Euro.

Die erste erhielt Eislebens damalige Bürgermeisterin Jutta Fischer, die schon die Friedensläufe zwischen Rom und Wittenberg unterstützt hatte, bei ihrem Neujahrsempfang 2020. Der OB von Bitterfeld-Wolfen und der Zerbster Bürgermeister folgten. Und natürlich waren die Glocken im Oktober beim Friedenslauf entlang der innerdeutschen Ex-Grenze im Gepäck.

Alle Bürgermeister der Etappenorte bekamen als Dank eine Glocke - so verbreitete sich die Mission und fand neue Unterstützer. Einer der wichtigsten: Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD). „Er fand unsere Idee richtig gut, hat sich zwei Stunden Zeit genommen“, so Junge.

Noch wichtiger: Als Vormann der Neuen Hanse will Lindenau dem St. Petersburg-Lauf durch seine Kontakte zu russischen Hanse-Städten helfen. Im Etappenort Braunlage wiederum trafen die Bitterfelder Läufer Sportler der Biathlon-Nationalmannschaft, die das Vorhaben auch unterstützen möchten.

„Wir wollen viele Mitstreiter gewinnen“, sagt Junge. So sollen die Glocken für einen Betrag ab 200 Euro an Interessenten verkauft werden. Der Erlös wird für den Guss der größeren Glocke für St. Petersburg verwendet. Und was ist mit Moskau und Washington? „Beim Kontakt zur russischen Botschaft will uns Reiner Haseloff helfen“, sagt Junge. Und nach Joe Bidens Amtsantritt sei das Weiße Haus tatsächlich eine perfekte Ergänzung zum Kreml. (mz)

Kontakt zum Verein „Zukunft Frieden“ unter Tel.: 0170/2190798