1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Bernhard Opitz: Bernhard Opitz: Ein 65-jähriger Professor beim Abschied

Bernhard Opitz Bernhard Opitz: Ein 65-jähriger Professor beim Abschied

Von Corinna Nitz 18.05.2001, 17:38

Wittenberg/MZ. - Die letzte "operativePersonalkontrolle" durch den Staatssicherheitsdiensterfolgte in den Jahren 1988 und 1989. An derleiAktionen hatte sich Bernhard Opitz zu diesemZeitpunkt fast schon gewöhnt. Was er jedochnicht wusste: "Man hatte mich auf die Listeder festzunehmenden Personen gesetzt." Im"Eventualfall" sollte der Wittenberger Medizinprofessorabgeholt werden. In der geheimen VerschlusssacheGVS-o047 der Stasi ist zu lesen: "Die Aktionist schlagartig und konspirativ durchzuführen."

Am Montag feiert der Chefarzt der InnerenAbteilung am Wittenberger Paul-Gerhardt-Stiftseinen 65. Geburtstag. Während andere Menschenein rauschendes Fest vorbereiten, sind esbei Opitz vor allem die Erfahrungen mit "derFirma", die ein Gespräch über sein Leben dominieren.Er erinnert sich an ein "verbotenes Buch",das ihm kurz vor dem Staatsexamen das ersteStelldichein mit den Handlangern des DDR-Unrechtssystemsbescherte und ihn am Ende in eine mehrmonatigeStasi-Haft brachte. Damals wollten sie ihnzur Mitarbeit erpressen. Aber er hat sichverweigert und ist standhaft geblieben. Dasist, wie man weiß, nicht jedem geglückt. Angesichtsdieser Erlebnisse wäre es nur folgerichtiggewesen, die Koffer zu packen und in den Westenüberzusiedeln. Besser als sich ständig observiertzu wissen, wäre das Leben dort vermutlichallemal geworden. Indes gehörte es nicht zuden Maximen des Bernhard Opitz, vor Problemenzu fliehen.

Statt dessen stellte er sich, kämpfte - niemit dem Säbel, um so feiner aber mit demFlorett. Eine Gabe, von der nicht zuletztdas Paul-Gerhardt-Stift profitierte, das alsevangelische Einrichtung im real existierendenSozialismus nicht eben wohl gelitten war.1978 trat der gebürtige Thüringer in Wittenbergals leitender Chefarzt und Chefarzt der InnerenAbteilung seinen Dienst an. Und schon kurzeZeit später hatte das Haus eine neue Ambulanz,zwei Intensivstationen und einen für damaligeVerhältnisse modernen Operationssaal.

Das Besondere, so erinnert sich ein Weggefährtedes Arztes, der Architekt Helmut Keitel, "dasBesondere war, dass der Staat eine MillionMark für diese Maßnahme bewilligt hat unddurch Professor Opitz diplomatisches Geschickam Ende das Zehnfache floss". Neben dem großenEngagement des Krankenhausvorstands PeterGierra sei dies vor allem Opitz? Verdienstgewesen, an das sich auch die noch erinnern,die erst später nach Wittenberg kamen. ProfessorHelmut Zühlke etwa, Chef der Chirurgie, lobtdie "konstruktive Art" des Kollegen und betont:"Professor Opitz ist ein aufrichtiger Mannmit einer starken Lebensenergie und großerAusstrahlung." Einer, dem es geglückt ist,"das Schiff geschickt durch die Klippen zusteuern".

Es steht dabei außer Frage, dass diese Manöverbisweilen Blessuren bei der Mannschaft hinterlassenmussten. Peter Gierra jedenfalls, der Mitstreitervon einst und heutige Stiftungsdirektor, reagiertknapp, wenn er auf Opitz angesprochen wird."Wir hatten aufregende Jahre", sagt er aufAnfrage der MZ und möchte es dann auch schondabei belassen.

Diese Zurückhaltung lässt vermuten, dass amMontag im Paul-Gerhardt-Stift eher bescheidengefeiert wird. Ein Problem scheint Opitz,der in diesem Jahr den Ruhestand anstrebt,damit indes nicht zu haben. "Das Problem wirdder Tag, an dem ich wirklich gehe, denn vierJahrzehnte als Arzt hängen einem doch sehran der Seele."