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Beistand bis zum letzten Atemzug

Von Christine Krüger 25.02.2007, 17:38

Wolfen/MZ. - Damit hat sich der Kreis der ehrenamtlich tätigen Frauen und Männer, die auf Wunsch sterbende Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten und deren in diesem Lebensabschnitt oft überforderten Angehörigen beistehen, auf insgesamt 60 erhöht. Es war bereits die zweite Segnungsfeier, während der neue Hospizhelferinnen aufgenommen worden sind.

Die neu aufgenommenen Helferinnen haben in den vergangenen Monaten eine spezielle Qualifizierung absolviert, um ihrer nicht alltäglichen Aufgabe auch gerecht werden zu können. Petra Starost hat nach dem geforderten Grundkurs nun bereits einen zweiten, fortführenden Kurs hinter sich. Vor zwei Jahren hat sie sich dafür entschieden, schwerst erkrankte Menschen bis zum letzten Atemzug beizustehen.

"Mit dem Gedanken habe ich mich schon immer beschäftigt", sagt die Frau mit den langen blonden Haaren. "Als mein Vater starb, geschah das unter nicht so dollen familiären Verhältnissen. Und ich hatte bereits von dem Verein gehört. Eines Tages dachte ich: Jetzt machst du das", blickt die Betriebswirtin, die jetzt als Speditionskauffrau arbeitet, zurück.

Die meisten der im Hospizverein engagierten Frauen und Männer sind wie Petra Starost über persönliche Erlebnisse oder Schicksale, die sie berührt haben, zum Hospizverein gekommen. Elke Gärtner, die nach dem Absolvieren des Grundkurses nun die nächste Qualifizierung, die Supervision, im Blick hat, sagt: "Meine Eltern waren Bestatter. Mit dem Thema Tod hatte ich keine Berührungsängste." Ihr liegt am Herzen, dass sich jemand um die älteren Menschen kümmert - vor allem um die, die krank sind und allein leben.

"Für Kinder wird ja viel getan. Aber die alten, schwer kranken Menschen, die vielleicht ganz einsam sterben würden, die berühren mich", sagt Elke Gärtner, die Standesbeamtin in Sandersdorf ist. "Vereinsamung finde ich schlimm." Außerdem, meint sie, fülle sie diese Aufgabe aus, jetzt, wo sie in Altersteilzeit arbeitet.

Die Mitglieder und Helfer des Hospizvereins wollen mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit dazu beitragen, das Tabu, mit dem das Thema Sterben und Tod in der modernen Gesellschaft versehen ist, zu brechen. "Die Medizin schiebt den Tod weg", sagte Pater Manfred Ridil vom katholischen Pfarrverband Wolfen. "Denn er ist das, was nicht sein darf. Doch gehört er zum Leben und ist von großer Einzigartigkeit - wie das Leben." Er rief den Frauen ins Gedächtnis, dass sie daher auch einen ganz einzigartigen Dienst leisten: "Ich wünsche ihnen, das Glück, das ein Sterbender in seinem letzten Augenblick vergibt, erleben zu dürfen."

Petra Starost und Elke Gärtner und die anderen Frauen wissen, wovon Pater Ridil spricht. Sie haben schon Sterbende und ihre Angehörigen betreut. "Es denken viele, dass das ganz traurig ist", sagt Petra Starost, "das ist nicht so. Es ist ein Geben und Nehmen. Und das, was man zurück bekommt, ist manchmal mehr als man gibt." Einig sind sie sich in einem: Völlig unberührt lässt sie diese Arbeit nicht. "Ganz aus den Kleidern schütteln kann man's nicht", gibt Elke Gärtner zu.

Der ausschließlich ambulant tätige Hospizverein Wolfen existiert seit vier Jahren. Er hat derzeit 60 Mitglieder und Helfer, die alle ehrenamtlich arbeiten. Der Wirkungsbereich hat sich im Laufe der Jahre deutlich erweitert. Reichten anfangs die Kräfte nur für Wolfen und Bitterfeld, sind jetzt die Gebiete Thalheim, Sandersdorf, Raguhn, Muldestausee hinzu gekommen. Eine Zusammenarbeit pflegen die Mitglieder des Vereins mit Wohlfahrtsverbänden, privaten Pflegediensten und Palliativmedizinern.