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Asyl-Dilemma für Landkreis Asyl-Dilemma für Landkreis Anhalt-Bitterfeld: Rechtsstreit mit der Stadt Wolfen oder Schadensersatz für Hotelier

Von Stefan Schröter 29.04.2016, 19:08
Im BIG-Hotel-Gästehaus sind die Zimmer noch unbewohnt.
Im BIG-Hotel-Gästehaus sind die Zimmer noch unbewohnt. Archiv/Kehrer

Wolfen - 170 gemachte Betten, über 500.000 verbaute Euro – in Wolfen haben die Eigentümer des BIG-Hotels alles für die Flüchtlinge vorbereitet und sich in erhebliche Unkosten gestürzt.

Nun befinden sie sich im Wartemodus. „Die letzten Brandmelder sind installiert, wir sind so gut wie fertig“, erklärt Jürgen Wilms, Geschäftsführer der Leipziger Northgate Enterprises Group (NEG).

Grundlage für seine Investitionen sind zuerst mündliche und dann schriftliche Vereinbarungen mit dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld.

Doch derzeit ist völlig offen, ob überhaupt jemals Asylsuchende in das Gästehaus ziehen. Ursprünglich sollten die ersten bereits im Januar dort ankommen, zuletzt war der Mai als Start vorgesehen.

Rechtsstreit unter Behörden

Aber noch immer prüft der Landkreis Anhalt-Bitterfeld die Genehmigung für die Unterkunft. Die Behörde ist zuständig für die Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen.

Dass sich der Genehmigungs-Vorgang beim Hotel so lange hinzieht, liegt sicherlich an den sinkenden Zuwanderungszahlen, aber vor allem auch an Bitterfeld-Wolfen.

Denn die Stadt hatte ihr Einverständnis für die Unterkunft abgelehnt, indem sie das „gemeindliche Einvernehmen“ verweigerte. Dieses Einverständnis musste der Landkreis von der Stadt formell abfragen und bekam eine Abfuhr.

Damit in das Wolfener Hotel nun noch Flüchtlinge einziehen können, muss sich der Landkreis über das Veto aus dem Wolfener Rathaus hinwegsetzen.

Mit dieser Frage beschäftigt sich jetzt die Landkreis-Verwaltung: „Es wird geprüft, ob das Einvernehmen ersetzt werden kann“, bestätigt Landkreis-Dezernent Bernhard Böddeker.

Dieser Schritt muss aber gut begründet sein und das kostet Zeit. Deswegen zieht sich der Prozess.

Im Detail geht es um eine komplizierte Auslegungsfrage: Liegt das Hotel in einer als Industriegebiet ausgewiesenen Fläche oder nicht?

So steht es wohl in einem Flächennutzungsplan. Aber: „Der Flächennutzungsplan ist nicht richtig bindend, da er kein Bebauungsplan ist.

Deswegen ist die Verbindlichkeit nicht so hoch“, sagt Dezernent Böddeker. Die Stadt ließ eine entsprechende MZ-Nachfrage zu den Details bis Freitag unbeantwortet.

Landkreis muss auf Konfrontationskurs gehen

Was bleibt, ist die Ungewissheit, mit der auch Hotel-Eigentümer Wilms leben muss: „Wenn keine Einnahmen kommen, dann strengt uns das wirtschaftlich an. Wir hoffen, dass es bald losgeht“, sagt der Geschäftsführer.

Zwar gibt er sich nach außen noch geduldig, sagt aber auch: „Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber woanders hat der Prozess noch nicht so lange gedauert.“

Schließlich will Wilms seine Vorleistungen wieder über Mietzahlungen vom Landkreis refinanzieren. Zumal auch die Übernachtungszahlen zurückgegangen seien, seitdem das Hotel als Flüchtlingsunterkunft im Gespräch ist.

Wilms rechnet weiterhin damit, dass seine Flüchtlingsunterkunft gebraucht werde. Daran hätten auch die sinkenden Zuwanderungszahlen nichts geändert. „Ich gehe nicht von einem Wegfall der Erfordernis aus.“

Somit wird der Landkreis mit seiner Entscheidung auf Konfrontationskurs gehen – egal, wie sie ausfällt.

Sagt er Ja zur Unterkunft, riskiert er eine Auseinandersetzung mit der Stadt Bitterfeld-Wolfen. Sagt er Nein zur Unterkunft, droht eine Schadensersatzklage durch den Hoteleigentümer. (mz)