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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Vom Gefühl für die Sprache

Von ULF ROSTALSKY 25.10.2011, 15:53

RAGUHN/MZ. - Mädchen und Jungen der achten Klassen der Raguhner Sekundarschule begeben sich auf eine abenteuerliche Reise. Sie tauchen ein in Kunstwelten. Ihre eigenen und die, die seit Jahr und Tag von der Akademie für Künste aufgetan werden. Künstler arbeiten mit Schülern zusammen, animieren sie. "Vielleicht wecken wir auch das eine oder andere schlafende Talent." Anne Lebinsky ist Schauspielerin am Anhaltischen Theater und zusammen mit dem Schriftsteller Stefano Zangrando die treibende Kraft hinter Wort / Spiel / Zeug(ung). Ihre Werkstatt ist ein Ort der Sprache. Ein Wegweiser und Mutmacher gleichermaßen.

Die Raguhner Sekundarschüler sollen ein Gefühl für die Sprache bekommen, sicherer im Ausdruck werden und durchaus an neuen Worten und Spielen basteln. "Es macht einfach Spaß", meinen Sandra Pfuhl, Natalie Jahnke und Anika Stiehler. Die Mädchen haben staunen gelernt über die Möglichkeiten, die ganz einfach in den Raum gestellte Buchstaben bieten.

A, B, C - Buchstaben werden zu Worten. Aus Worten werden Sätze. Aus Sätzen werden Geschichten. In der Werkstatt herrscht ein kreativer Geist, der allerdings jeden Morgen wachgerüttelt werden muss. Sprache trifft auf Bewegung.

Die Mädchen und Jungen stehen im Kreis. "He, du." Die Begrüßungsformel besteht aus zwei Worten. Doch sie kann so unterschiedliche Botschaften transportieren. Mal ist sie betont aggressiv, dann wieder schüchtern. Mal zickig, oft auch fragend. Worte fliegen wie Spielbälle durch den Raum, vermitteln Stimmung und schaffen Gemeinsamkeit. Anfassen ist erlaubt. Jugendliche Hände finden einander. Ganz leicht unter Mädchen, ganz schwer unter Jungen. Deutlich reserviert zwischen beiden Geschlechtern. Ein Gefühl des Zusammenseins ist da, das sich auch in Geschichten wiederfinden soll.

Sprache entdecken. Das erlebt Stefano Zangrando jeden Tag. Der Mann ist im italienischen Trentino zu Hause. Fragt, staunt, lacht. "Hüftbreit aufstellen." Das hat er auch noch nicht so oft gehört. Doch der junge Mann kann wie Anne Lebinsky von der Kraft der Worte berichten. Er schreibt, seine Kollegin spielt. Das können die Raguhner Schüler ihnen nachtun.

Nichts ist Pflicht in der Kunstwelt und der Werkstatt. Ihnen steht frei, Geschichten aufzuschreiben, sie zu inszenieren und dabei ganz neue eigene Möglichkeiten zu entdecken. Spaß soll die Oberhand behalten und wird mit einer großen Portion Neugier kombiniert. Was passiert, wenn Arme beim Einatmen nach oben, beim Ausatmen mit einem zusätzlich, Ho, He oder Hu nach hinten bewegt werden? Fließt die Kraft, die Lebinsky und Zangrando fühlen? Wird Gemeinschaft erlebt?

Die Werkstatt ist auch Experimentierstube und eine ganz ungewohnte Umgebung für die Schüler. Doch die sind bei der Sache, staunen über sich und die Möglichkeiten der Sprache und Bewegung. Was wie selbstverständlich aussieht, ist allerdings alles andere als Kinderspiel. "Es ist nicht leicht", wissen die Macher der Werkstatt. Doch sie sind angetan von ihren Schützlingen auf Zeit, loben Engagement und Ideenreichtum. Ein schlafendes Talent geweckt? Da schweigen die Künstler. Noch. Gut möglich, dass zur Projektpräsentation am Freitag die eine oder andere Überraschung serviert wird.