Personalmangel in Bernburg Personalmangel in Bernburg: Unhaltbare Zustände im Maßregelvollzug?

Bernburg - Der Betriebsrat der landeseigenen Krankenhausgesellschaft Salus und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi haben die Zustände im Maßregelvollzug Bernburg (Salzlandkreis) scharf kritisiert. Infolge Überbelegung und Personalmangels komme es regelmäßig zu Verstößen gegen die Dienstplanordnung.
Kein Antigewalt-Training
Betriebsratsvorsitzender Matthias Stattek sagte am Wochenende, die hohen therapeutischen Anforderungen seien nicht zu erfüllen, weil ständig Fachpersonal fehle. Stattek widersprach auch der Behauptung der Salus, in Bernburg finde wieder ein Anti-Gewalttraining für die Insassen statt: „Dieses kann nicht angeboten werden, weil die vorhandenen Pflegekräfte aufgrund des Personalmangels nicht für das Training freigestellt werden können.“ In Bernburg sollen vor allem drogenabhängige Straftäter therapiert werden. 60 Prozent von ihnen sind wegen Gewaltdelikten verurteilt.
In der vergangenen Woche hatte bereits der Landes-Psychiatrieausschuss auf personelle und therapeutische Defizite in Bernburg hingewiesen. Ausschussvorsitzender Bernd Langer sprach von einer skandalösen und sicherheitsgefährdenden Situation. Die Salus, die den Maßregelvollzug in Bernburg und Uchtspringe (Altmark) betreibt, hatte auf Nachfrage erklärt, dass die personellen Probleme in Bernburg inzwischen gelöst seien.
Chronische Überbelegung?
Dem widersprachen Betriebsratschef Stattek und Verdi-Gewerkschaftssekretär Jens Berek. Demnach sei die Einrichtung in Bernburg in allen Monaten dieses Jahres überbelegt gewesen. Bei 179?vorhandenen Plätzen habe die Belegung zwischen 199 im Januar und 182 im September geschwankt. „Die Beschäftigten leiden unter der chronischen Überlegung, die Folge ist eine dramatisch hohe Krankenquote, die wiederum zu noch schlechterer Personalbesetzung führt“, sagte Berek. In diesem „Teufelskreis“ aus Personalnot und hohem Krankenstand sei eine vernünftige Therapie oftmals unmöglich. Nach Angaben von Betriebsratschef Stattek würden monatlich infolge des Personalmangels bis zu 40 Verstöße gegen die Dienstplanordnung verzeichnet.
Mehr Personal wird benötigt
In der Vergangenheit waren Insassen des Maßregelvollzugs mehrfach geflüchtet. Bei Freigängen etwa wurden Patienten nicht von zwei, sondern nur von einem Betreuer begleitet. Das zuständige Sozialministerium und die Salus hatten daraufhin Ausgangsverbote erlassen und zeitweilig zusätzliches Sicherheitspersonal eingestellt. Nach Angaben von Stattek reiche dies aber nicht aus, um die Probleme zu lösen: „Wer will, dass die hohen therapeutischen Anforderungen an den Maßregelvollzug umgesetzt werden, der muss auch das dafür nötige Fachpersonal bereitstellen. Im Augenblick ist das leider nicht der Fall.“
Laut Gewerkschafter Berek steuere das Land aber nicht gegen, sondern wolle die Sparschraube noch weiter anziehen und die Anzahl der Fachkräfte weiter reduzieren.
Fachkräfte nur nach Genehmigung
Auch der Landes-Psychiatrieausschuss beklagte in seinem Bericht, dass freie Stellen für Fachkräfte nur nach Genehmigung durch das Sozialministerium wieder besetzt werden dürften. Eine solche Genehmigung sei aber bislang nicht erteilt worden. Berek sprach von unhaltbaren Zuständen: „Wie der Maßregelvollzug noch seinem Auftrag ordentlich nachkommen soll, bleibt das Geheimnis der Landesbürokraten.“
Ein Sprecher des für den Maßregelvollzug zuständigen Sozialministeriums war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar. (mz)