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Kleingärten in Bernburg Kleingärten in Bernburg: Abrissbirne statt Apfelbaum

Von Susanne Schlaikier und Engelbert Pülicher 23.02.2016, 08:51
Sandra Wagner hat erst seit zwei Jahren einen Garten in der „Stadtbreite“.
Sandra Wagner hat erst seit zwei Jahren einen Garten in der „Stadtbreite“. Engelbert Pülicher

Bernburg - Eigentlich sollte der Gartenverein „Stadtbreite“ in diesem Jahr 85-jähriges Bestehen feiern. Doch zum Feiern ist den Laubenpiepern in diesem Sommer gewiss nicht mehr zumute, denn die Vereinsauflösung ist seit Samstag beschlossene Sache. Von 21 anwesenden Mitgliedern im voll besetzten Vereinshaus am Werder haben sich 17 für die Auflösung des Vereins ausgesprochen. Vier haben dagegen gestimmt. Überraschend kam dieses Ergebnis für den Vereinsvorsitzenden Gunther Seyffert nicht. Denn dass die Sparte generell verkleinert werden soll, steht spätestens seit dem im vergangenen Jahr von Stadtverwaltung und Regionalverband der Gartenfreunde schon erarbeiteten Kleingarten-entwicklungskonzept fest.

Gedrückte Stimmung in der Stadtbreite

Dennoch ist er auch zwei Tage danach noch sichtlich berührt. „Mein Herz hängt an diesem Verein“, sagt Seyffert, der seit rund 25 Jahren in der Stadtbreite einen Garten besitzt und seit 18 Jahren an der Spitze des Vereins steht. Er habe zwar seit geraumer Zeit ein Haus mit Garten. Von der Gartenanlage, in der er ganze Urlaube verbracht hat, konnte er dennoch nicht lassen. „Der Garten ist auch ein Stück Lebensqualität“, sagte Seyffert.

Ende 2015 gab es in Bernburg und Umgebung mehr als 3300 Gärten. 1200 davon standen leer. Auch deshalb soll die Zahl der Gärten künftig auf 1600 reduziert werden. Nach der Überschwemmung im Juni 2013 hatten schon die Vereine Eintracht, Goldene Aue, Großer Liebenwahn und der Waldauer Anger die Auflösung beschlossen.

Vollständig aufgegeben werden sollen im Flutgebiet ebenfalls die vier Sparten Große Aue , Eisenbahner, Am Weinberg und Dröbel.

Gedrückte Stimmung herrschte auch bei den meisten anderen, die am Samstag ins Vereinshaus gekommen waren. Sie hatten nach der Flut 2013 viel Zeit und Geld investiert, um ihren Garten wieder aufzubauen. Doch es gab ebenso wie in vielen anderen Gartenanlagen in Bernburg auch großen Leerstand. Rund die Hälfte der zuletzt 57 Parzellen war verwaist. Ein Grund, warum die Stadtverwaltung daran interessiert ist, die Zahl der Kleingärten zu reduzieren. Ein anderer ist, dass sich die „Stadtbreite“ im Überschwemmungsgebiet befindet. Damit das Wasser bei künftigen Hochwassern Platz hat, sich auszubreiten, sollen laut Kleingartenentwicklungskonzept mehrere Gartensparten platt gemacht werden.

Finanzielle Gründe für den Abriss der Anlage

Nur noch bis Ende diesen Jahres gebe es Geld aus dem Fluthilfefonds für den Abriss der Anlage, wie Bernburgs Wirtschaftsdezernent Holger Dittrich erläutert. Würden sich die Kleingärtner entscheiden, weiter zu machen, müssten sie einen späteren Abriss selber bezahlen. Um sich finanziell abzusichern, hatte die Stadt im Dezember vergangenen Jahres den Gartenpächtern also Verträge vorgelegt, für den Fall, dass sie den Garten weiter bewirtschaften wollen. In diesen war eine Kaution festgelegt worden. Auch hätten die Gärten nicht vermietet oder weiter verpachtet werden dürfen. „Wir wollen niemanden vertreiben“, betont Holger Dittrich. Er ist aber doch erleichtert, dass sich die Kleingärtner für die Auflösung des Vereins entschieden haben. Gleichwohl weiß er, wie schwer es langjährigen Laubenpiepern fallen muss, ihren Garten aufzugeben.

Zu denen gehört zuvorderst natürlich auch Gunther Seyffert. Der Vereinsvorsitzende hofft aber auch, dass durch den geförderten Abriss der Verein entschuldet wird. Fakt ist nämlich auch, dass unter den zuletzt 31 Mitgliedern einige säumige Zahler sind und sich auf diese Weise ein Schuldenberg von bis zu 3000 Euro angehäuft hat. Sieben Pächter hätten Strom und Wasser nicht gezahlt oder waren mit ihrer Pacht im Rückstand. Es seien zum Großteil Kleingärtner, die es sich nicht leisten könnten, erklärt Seyffert.

Der, wenn es ungünstig läuft, auf den Kosten sitzen bleiben würde, wie er sagt. Das sei nicht fair gegenüber dem Vereinsvorsitzenden, sagte der Vorsitzende des Regionalverbands der Gartenfreunde Bernburg und Umgebung Martin Klöden und appellierte indirekt an die säumigen Zahler. Die Entscheidung des Vereins sich aufzulösen, hält er letztlich für „vernünftig“: „Die Wirtschaftlichkeit ist einfach nicht mehr gegeben.“ Er weiß aber auch, dass sich einige Kleingärtner schon nach einer neuen Parzelle umschauen. (mz)

Das Aus für die Gartensparte „Stadtbreite“ ist besiegelt. Eine deutliche Mehrheit der Mitglieder hat sich für die Auflösung des Vereins ausgesprochen.
Das Aus für die Gartensparte „Stadtbreite“ ist besiegelt. Eine deutliche Mehrheit der Mitglieder hat sich für die Auflösung des Vereins ausgesprochen.
Pülicher