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Flüchtlinge im Salzlandkreis Flüchtlinge im Salzlandkreis: Kriminalität ist nur Thema am Rand

Von Torsten Adam 29.12.2016, 14:34
Zu Beginn des Jahres 2016 kam es mehrmals zu Tumulten bei der Auszahlung der als „Taschengeld" bezeichneten Leistungen an Asylbewerber in Bernburg - die Polizei war deshalb präsent.
Zu Beginn des Jahres 2016 kam es mehrmals zu Tumulten bei der Auszahlung der als „Taschengeld" bezeichneten Leistungen an Asylbewerber in Bernburg - die Polizei war deshalb präsent. Archiv/Pülicher

Bernburg - Die Vielzahl sexueller Übergriffe von Migranten auf Frauen in der Silvesternacht 2015/ 2016 in Köln hat eine breite gesellschaftliche Diskussion losgetreten. Nicht nur über mangelnde Polizeipräsenz und Ängste in der Bevölkerung vor Fremden, auch über das Frauen-Rollenbild von Muslimen und den medialen Umgang mit den durch Ausländer begangenen Straftaten.

In Bernburg machten vor genau einem Jahr ähnliche Vorkommnisse Schlagzeilen. Was ist aus den Ermittlungen gegen die damals tatverdächtigen Flüchtlinge geworden? Die für den Wahlkreis Bernburg zuständige AfD-Abgeordnete Sarah Sauermann hat sich das nach einer Kleinen Anfrage im Landtag vom Innenministerium beantworten lassen.

Beleidigung auf sexueller Grundlage

Es ist der 8. Januar 2016, als die Polizei auf MZ-Nachfrage einräumt, dass sie bereits seit dem 29. Dezember gegen einen 30-jährigen Afghanen ermittelt. Der Familienvater hatte an jenem Tag bei der Essenausgabe im Speisesaal der Flüchtlingserstaufnahmestelle auf dem Ameos-Klinikgelände einer 33-jährigen Küchenmitarbeiterin einen Kuss auf den Mund aufgezwungen. Die Staatsanwaltschaft in Magdeburg leitet daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen „Beleidigung auf sexueller Grundlage“ ein - mit dem Ergebnis, dass das Amtsgericht Bernburg im Mai einen Strafbefehl gegen den Beschuldigten verhängt.

Er muss eine Geldstrafe bezahlen. Laut Oberstaatsanwalt Frank Baumgarten beträgt sie 30 Tagessätze à 5 Euro - also insgesamt 150 Euro. Im Juni stellt der Afghane nach Angaben der Landesregierung einen Asylantrag. Bis zu dessen Genehmigung beziehungsweise Ablehnung dürfe er sich im Bundesgebiet aufhalten. „Die rechtskräftige Verurteilung wegen Beleidigung hat nach Prüfung durch die zuständige Ausländerbehörde keine Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus“, heißt es in der Antwort an die AfD weiter.

Der Täter sei bis dato mit dem Verdacht des Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz im Zusammenhang mit seiner Ersteinreise nach Deutschland polizeilich bekannt geworden.

Gleiches gilt für einen jungen Syrer, der an den Abenden des 14. und 23. Dezember die Star-Tankstelle am Rosengarten betritt, um Spirituosen zu kaufen. Beim ersten Mal versucht er mehrfach, die Verkäuferin anzugrapschen und fasst sich selbst mehrfach in den Schritt, heißt es im Polizeibericht. Als ein weiterer Bürger den Shop betritt, habe der Täter das Weite gesucht.

Eindeutige Bewegungen mit dem Unterleib

Beim zweiten Mal stellt sich der 19-jährige Mann - so zeigen es Aufnahmen einer Überwachungskamera - hinter die Frau, macht eindeutige Bewegungen mit dem Unterleib in ihre Richtung und sagt mehrfach „Ficki, ficki“. Als ein weiterer Kunde an der Tankstelle erscheint, verlässt er diese. „Die Betroffene empfand das Verhalten des Mannes als unangenehmen und belästigenden Annäherungsversuch, erstattete jedoch keine Strafanzeige“, heißt es in der Auskunft der Landesregierung zu dem Vorkommnis am 14. Dezember.

Eine anschließende Prüfung des Geschehens durch den Revierkriminaldienst habe keinen hinreichenden Verdacht einer strafbaren Handlung ergeben, so dass auch keine Strafanzeige von Amts wegen erfolgt sei. Hingegen geht die Staatsanwaltschaft den Geschehnissen vom 23. Dezember nach. Das Ermittlungsverfahren wird schließlich nach schriftlicher Ermahnung des im nahen Parforcehaus lebenden Flüchtlings wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Viel mehr Taten durch Deutsche

Die Delikte im Speisesaal auf dem Klinikgelände und an der Tankstelle werden in der Kriminalstatistik 2016 des Landes Sachsen-Anhalt als „sonstige sexuelle Nötigung“ ausgewiesen. Laut Innenministerium sind die genannten Taten die einzigen beiden Straftaten wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung im Jahr 2015 gewesen, die Ausländer im Salzlandkreis verübt haben. Hingegen sind bei derartigen Delikten laut Bernburgs Kripo-Chef Steffen Kuse mehr als 70 Deutsche in der Region als Täter identifiziert worden.

In 13 Fällen musste die Polizei gegen Unbekannt ermitteln, zwölf von ihnen konnten dennoch aufgeklärt werden. Dass die Fälle auf dem Ameos-Gelände und an der Tankstelle erst Tage später öffentlich bekannt wurden, hat Steffen Kuse zufolge einerseits an Informationsverlusten zum Jahreswechsel gelegen. Andererseits hätten Beamte zum Teil derartigen Delikten nicht die entsprechende Bedeutung beigemessen - bis zur Silvesternacht in Köln. (mz)