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Die Flieger hausen im Campus-Keller

Von SUSANNE BERNSTEIN 20.12.2009, 16:36

BERNBURG/MZ. - Nun empfangen Reiner Göbel und Kurt Rusch wieder Gäste in dem lang gestreckten und renovierten Untergeschoss. "Aber die offizielle Eröffnung kommt noch", sagt Reiner Göbel.

Gäste bekommen als erstes senffarbene Lufthansa-Sitze zu sehen. "Die sind aus einem ausrangierten Verkehrsflugzeug", erklärt der 82-jährige Kurt Rusch. Mit dem Bernburger Junkerswerk haben die Flugzeugsitze natürlich nichts zu tun. Aber zum Thema Fliegerei passen die Polstersessel allemal.

Göbel und Rusch gehören dem Stadtteilentwicklungsverein an, zu dem auch der Arbeitskreis "Junkerswerke und Fliegerhorst Bernburg" gehört. Die beiden älteren Herren führen so zusagen die Arbeit des verstorbenem Wolfgang Sommerfeld fort. Wobei Göbel als Ingenieur in der Flugzeugentwicklung tätig war, hat Kurt Rusch, der Pilot und Kunstflieger, als Lehrling im Bernburger Junkerswerk gearbeitet. Und so wird eine Führung auch zu einer lebendigen Erinnerung. "Wir wollen aber eine sachlich, fachlich korrekte Aufarbeitung der Historie eines Stadtteils", erklärt der 72-jährige Göbel. Keine Geschichtsverklärung, kein Heldenkult - das ist den beiden Senioren wichtig.

Die Geschichte des Bernburger Junkerswerkes ist schnell umrissen. 1937 entstand in Strenzfeld eines der modernsten Flugzeugwerke mit zwei großen Montagehallen und fast 5 000 Beschäftigten. Hier, zwischen Bernburg und Neugattersleben, wurden Flugzeuge montiert, eingeflogen und an die Luftwaffe übergeben. Rund 10 000 Ju 88, Ju 87 (Stukas), Ju 52, He 111, He 162 und Ju 188 wurden zusammen gebaut. Der Fliegerhorst indes hatte nichts mit dem Werk zu tun. Hier wurden Jagdflieger ausgebildet.

Seit 1993, als der Bernburger Arbeitskreis "Junkerswerke und Fliegerhorst Bernburg" ins Leben gerufen wurde, beschäftigten sich dessen Mitglieder intensiv mit der Geschichte des einstigen Werkes. Unmengen an Material können die Besucher der Ausstellung besichtigen. Von Flugzeugmotoren über alte Funkgeräte, Dokumente und Fotos bis hin zu Modellen von Flakstellungen sowie Montagehallen. Wie viele Exponate zu sehen sind? Da winken die beiden Männer ab. Unmengen. "Diese beiden Ladeklappen einer JU 88 waren Hühnerstallumzäunung", erklärt Kurt Rusch und sagt weiter: "Die haben seit 1946 in der Erde bei Salzwedel gesteckt." Ein alter Motor stammt aus Frankfurt / Main. Bei Erdarbeiten am Flughafen wurde dieser gefunden und steht seither - komplett überholt und restauriert - in Strenzfeld. Oder aber das Stück einer Radarantenne und der funktionierende Fernschreiber sind interessante Exponate.

Die Besucher der Ausstellung könnten nicht unterschiedlicher sein: Schulklassen, Luftfahrtinteressierte. Aber auch alte ehemalige Fremdarbeiter aus Holland und Belgien besuchen noch heute Strenzfeld und die Ausstellung.

Die Ausstellung "Der Aufstieg und Fall der Bernburger Flugzeugindustrie": Hellriegelhaus Strenzfeld, jeden ersten und letzten Samstag im Monat von 10 bis 14 Uhr und dienstags von 10 bis 16 Uhr geöffnet.