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Probleme nach Mieterhöhung Warum Bürgergeldempfänger im Salzlandkreis keine einheitlichen Unterkunftskosten erhalten

Bürgergeldempfänger bekommen Unterkunftskosten erstattet. Aber nur bis zu einer Höhe, die in der Region als angemessen gilt. Eine 63-jährige Ascherslebenerin hätte gern die Maximalsumme, die es in Staßfurt gibt.

Von Detlef Anders Aktualisiert: 11.03.2024, 10:40
Bürgergeldempfänger erhalten Unterkunftskosten. Warum Ascherslebener aber weniger als der Rest im Salzlandkreis?
Bürgergeldempfänger erhalten Unterkunftskosten. Warum Ascherslebener aber weniger als der Rest im Salzlandkreis? (Fotomontage: Frank Gehrmann)

Aschersleben/MZ - Seitdem ihre drei Kinder erwachsen und ausgezogen sind, lebt eine 63-Jährige allein am Stadtrand von Aschersleben. Die Bürgergeldempfängerin wohnt seit 1988 gern hier. Ausziehen möchte sie nicht. Doch ihr Vermieter hat ihr jetzt eine Erhöhung der Kaltmiete angekündigt.

Es ist die erste Erhöhung der Kaltmiete seit einer grundlegenden Modernisierung 1994/95. 311 Euro Kaltmiete hat sie bisher für die 76 Quadratmeter große Wohnung gezahlt. 18 Euro mehr soll sie nun zahlen, fast sechs Prozent mehr. Rechtlich zulässig wären binnen drei Jahren bis 20 Prozent Mieterhöhung, erfuhr sie.

Für die alleinstehende Bürgergeldbezieherin übernimmt das Jobcenter des Salzlandkreises Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Kosten – soweit diese angemessen sind. Und für die Prüfung der Angemessenheit und Höchstwerte gibt es eine Handlungsanweisung des Salzlandkreises. Allerdings ärgert die Ascherslebenerin, dass sie und alle anderen Bürgergeldbezieher in der Einestadt schlechter gestellt werden, als die in den drei anderen Regionen Staßfurt, Schönebeck und Bernburg.

23 Euro weniger als Staßfurt

Für eine Person gilt eine Wohnung mit maximal 50 Quadratmeter als angemessen. Während in Aschersleben und im Seeland dafür eine Kaltmiete von 231 Euro plus 66,50 Euro Betriebskosten, also 297,50 Euro insgesamt als angemessen gelten, liegen die Maximalwerte in den anderen Regionen zwischen 321 und 323 Euro. Heizkosten und Abfallgebühren sind nicht darin enthalten. Der Höchstwert der Kaltmiete in Aschersleben entspricht 4,62 Euro je Quadratmeter - die 254 Euro in Staßfurt 5,08 Euro je Quadratmeter.

Auch ein Mitarbeiter ihres Vermieters habe ihr gegenüber sein Unverständnis über die Unterschiede zu den anderen „Sozialräumen“ im Salzlandkreis geäußert, berichtet die 63-Jährige. Zum 1. Januar 2023 habe es die letzte Änderung der Höchstwerte gegeben. Dass in Staßfurt mehr Miete gezahlt werden muss, als in Aschersleben, kann sie angesichts der ähnlichen Bausubstanz dort nicht glauben. Zudem möchte sie wissen, wann es die nächste Anpassung der Höchstwerte gibt.

Wohnungen mit Kaltmieten unter fünf Euro seien nach ihrer Erfahrung in Aschersleben kaum zu bekommen. Solche Mieten gebe es nur bei Bestandsmietern. Wenn sie tatsächlich in eine 50 Quadratmeter kleine Wohnung umziehen würde, dann denkt sie, dass sie keine Wohnung mit 231 Euro Kaltmiete bekommen könnte. Weil sie schon 36 Jahre hier wohnt, zahle sie mit Heizung „nur“ 460 Euro, alle anderen im Haus müssten als neue Mieter über 600 Euro zahlen, weil man dort auch etwas gemacht hat, erfuhr sie. Derzeit zahlt sie von ihrem Bürgergeld 60 Euro zu den Unterkunftskosten zu, in Zukunft werden es 80 Euro sein. Die Ascherslebenerin muss sich deshalb weiter einschränken.

Auf das Auto angewiesen

Ihren über 20 Jahre alten Kleinwagen abgeben? „Das geht nicht. Ich brauche das Auto hinten und vorne“, sagt sie. Aus gesundheitlichen Gründen könne sie keine längeren Strecken gehen. Auch ihren Kleingarten, den sie seit Jahrzehnten hat, möchte sie nicht abgeben. Die 63-Jährige versucht, immer noch etwas für Notfälle zurückzulegen, doch diese Reserve war jetzt nach Reparaturen am Auto aufgebraucht. Ein anderes Auto kann sie sich auch nicht leisten.

Rebekka Hartmann, die Pressesprecherin des Jobcenters des Salzlandkreises, verweist auf das Sozialgesetzbuch und die Angemessenheitsprüfung im Rahmen eines 2020 erstellten „schlüssigen Konzeptes“. „Ausgangspunkt bildet dabei eine Mietwerterhebung, die im jeweils anhand festgelegter struktureller Kriterien definierten Vergleichsraum bzw. Sozialraum erfolgt und den relevanten Wohnungsmarkt repräsentativ und empirisch valide abbildet“, erklärt sie. Die so entstandenen Daten münden in die Richtwerte für die Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Sie würden für Mieter als auch Wohnraumeigentümer gelten, erklärt Hartmann.

Nächste Anpassung 2025

Eine Aktualisierung und Anpassung der Angemessenheitswerte erfolge alle zwei Jahre unter Berücksichtigung der Inflation und orientiert an der Verbraucherkostenentwicklung des Statistischen Landesamtes. Im Rahmen der Indexfortschreibung habe der Salzlandkreis die Werte für die Mieten letztmalig zum 1. Januar 2023 aktualisiert. „Zur Überprüfung der Angemessenheitswerte erfolgt alle vier Jahre eine neue, salzlandkreisweite Datenerhebung inklusive Vermieterbefragung“, berichtet Hartmann. Die nächste Erhebung sei durch einen entsprechenden Dienstleister im April/Mai geplant. „Die daraus resultierende Anpassung der Angemessenheitswerte wird dann zum 1. Januar 2025 in Kraft treten“, kündigt sie an. Die Ascherslebenerin könne also in zehn Monaten mit mehr Geld vom Jobcenter rechnen, wenn die Abfrage für die Stadt höhere Kaltmieten und Betriebskosten ergibt.

Bei Fragen zu ihren konkreten Werten und möglichen Kostenübernahmen könnten sich Leistungsberechtigte an ihren zuständigen Sachbearbeiter wenden, betont die Jobcenter-Sprecherin.