Tierrechtler fordern Aufklärung
ASCHERSLEBEN/MZ. - So sei es bei einer Vielzahl deutscher Zoos gängige Praxis, Tiere an Tierhändler "abzuschieben", so dass der Verbleib der Tiere nachträglich nicht mehr nachzuweisen sei und die Zoos auf ihre Fürsorgepflicht pfeifen.
Im Fall Aschersleben sei eine größere Anzahl von Tieren an den von Peta als dubios bezeichneten Ex-Tierhändler Werner Bode aus Bad Bentheim gegangen. Der sei seit dem Jahr 2006 lediglich als Vermittler und Transporteur tätig und habe als solcher bis jetzt auch mit dem Zoo Aschersleben zusammengearbeitet, bestätigte der Leiter des Ascherslebener Zoos, Dietmar Reisky. So habe Bode im Auftrag des Zoos Aschersleben Tiere aus Aschersleben an andere Zoos geliefert und Transporte in umgekehrter Richtung übernommen.
Aus Sicht von Peta stelle sich die Frage, ob die Tiere den Gesetzen entsprechend und in artgerechter Haltung den Besitzer wechselten, was Peta bezweifelt und nach eigener Aussage auch beweisen könne. Außerdem könne man von Zoos in kommunaler Trägerschaft erwarten, dass der aus Steuermitteln finanzierte Tierhandel auch bis zur letzten Konsequenz öffentlich nachgewiesen werden müsse, so Peta-Mitarbeiter Frank Albrecht.
Dietmar Reisky hatte sich gegen den Vorwurf verwahrt, überhaupt Tierhandel zu betreiben. In der Ausgabe am Mittwoch der MZ sagte er: "Tierhandel wollen wir nicht. Wir verkaufen keine Tiere, sondern tauschen." Bei Peta ist man anderer Meinung und droht deshalb mit einer Klage gegen den Zoo Aschersleben und den Bad Bentheimer Vermittler Bode.
In einer Pressemitteilung, die am Mittwoch von der Tierrechtsorganisation veröffentlicht wurde, heißt es unter anderem: "Peta betont, dass ein Verkauf von Tieren an Tierhändler nie eine Garantie oder Sicherheit darstelle, dass diese Tiere letztendlich auch in anderen Zoos (mit einer Tierhaltung nach EU-Richtlinien) landen. Peta hat Beweise dafür, dass bedrohte Tiere aus dem Zoo Aschersleben nicht in Zoos, sondern unter anderem bei einem Pferdehändler oder in einem Zoofachgeschäft von nebenan landeten. Allein die Tatsache, sich mit einem bereits ersichtlich dubiosen Mann wie Bode zusammenzutun, desavouiert die öffentliche Gebietskörperschaft Aschersleben."
Das eigentliche Problem ergibt sich aus der Annahme, dass der angebliche Ex-Tierhändler auch weiterhin mit dem Tierhandel befasst ist und eine Reihe deutscher Zoos mit ihm Geschäftsbeziehungen unterhält. So belege beispielsweise eine schriftliche Tiertauschvereinbarung, dass der Zoo Aschersleben am 1. November 2007 eine Kurzkrallenotter, drei Graupapageien und zwei Lamas im Gesamtwert von 1 200 Euro nicht etwa an einen anderen Zoo, sondern an die Firma Werner Bode in Bad Bentheim abgegeben habe. Der Wertausgleich solle durch einen fortlaufenden Tiertausch erfolgen.
In einer Transporterklärung bestätige der Zoo Aschersleben, dass am 20. Juni 2007 ein Totenkopfäffchen ebenfalls nach Bad Bentheim transportiert wurde. Die Transportzeit betrage sechs Stunden, ist in der Erklärung vermerkt, genau wie, dass während dieser Zeit keine Versorgung des Tieres notwendig wäre. Im TV-Beitrag von Report München hieß es, dass Bode in Bad Bentheim über keinerlei Unterbringungsmöglichkeiten für Tiere verfüge. Somit stelle sich die Frage, wie lange beispielsweise das Totenkopfäffchen wirklich in der Transportkiste ausharren musste und wo es schließlich angekommen ist.
Den Vorwurf des Tierhandels mit einem dubiosen Ex-Händler sieht Peta damit als erwiesen an, dass der sogenannte Tiertausch fast immer auf Geldwertbasis abgewickelt wurde. So seien nach Peta-Erkenntnissen zwischen den Jahren 2005 und 2008 zwischen dem Zoo Aschersleben und Bode Geldgeschäfte von rund 60 000 Euro gemacht worden. In der Praxis soll das so funktionieren, dass ein Tier für beispielsweise 200 Euro an den Händler geht. Der lieferte im Tausch ein anderes Tier im Wert von 1 000 Euro, womit der Zoo mit der Differenz von 800 Euro beim Händler in der Kreide steht. Gibt der Zoo das nächste Tier beispielsweise ebenfalls für 1 000 Euro ab, schuldet der Händler dem Zoo 200 Euro. Ein Nachweis über den endgültigen Verbleib der Tiere könne so kaum erbracht werden. Aber genau den fordert Peta vom Ascherslebener Zoo und hat 31 Fälle aufgelistet. Sollten nicht in mindestens 50 Prozent dieser Fälle der Verbleib der Tiere nachgewiesen werden können, so würde man Klage gegen die Beteiligten einreichen, drohte am Mittwoch Peta-Mitarbeiter Frank Albrecht an. Eine Stellungnahme durfte der Ascherslebener Zoo-Chef Dietmar Reisky am Mittwoch nicht abgeben. In Absprache mit der Stadtverwaltung verwies er auf ein am Donnerstag stattfindendes Pressegespräch mit dem Oberbürgermeister.