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Salzlandkreis Salzlandkreis: Familientradition wird fortgeführt

Von ELFI SCHURTZMANN 31.08.2011, 16:26

FRECKLEBEN/MZ. - Zu jedem Dorf gehört eine Dorfkneipe. Hier treffen sich die Leute zum Feierabend, trinken ihr Bier und erzählen, was sie tagsüber so erlebt haben. Auch der berühmt-berüchtigte Dorftratsch kommt dabei nicht zu kurz. So oder so ähnlich ging es früher zu. Die Kneipe war vornehmlich den Männern vorbehalten, die sich nach ihrem Tagwerk hier trafen. Heute gibt es nur noch wenige solcher typischen Dorfkneipen mit Stammtisch. Die in Freckleben aber hat die Jahre überdauert. Inzwischen sind es schon 100 Jahre geworden. Die Rede ist hier vom "Gasthof zum Erbprinz".

Walter und Frieda Großkunz haben das Anwesen als Gaststätte mit einem kleinen Lebensmittelladen geführt. Enkel Herbert Großkunz, der inzwischen Tochter Katrin und Schwiegersohn Stefan Linsmeier die Geschäfte übertragen hat, weiß, dass die Großmutter während des Krieges das Anwesen allein geführt hat. Nach Kriegsende hat dann Vater Herbert Großkunz das Anwesen übernommen und mit Gründung der DDR musste auch der Name "Gasthof zum Erbprinz" verschwinden. Fortan hieß sie "Gasthof Großkunz".

Die Verstaatlichung der Gaststätte konnte abgewendet werden. Großkunz' waren Kommissionshändler mit staatlicher Beteiligung. Auf dem Saal fanden Karnevalsveranstaltungen und Theateraufführungen statt und auch der Männergesangverein probte hier. Nicht zu vergessen der Landfilm, der regelmäßig nach Freckleben kam. Als dann Ende der 60er Jahre das Kulturhaus öffnete, wurde der Saalbetrieb eingestellt.

"Mein Vater Herbert hat noch bis ins hohe Rentenalter die Kneipe als Kommissionshändler geführt. Und Mitte der 70er Jahre gab es dann die Regelung, dass auch Familienangehörige das Geschäft weiterführen können. Anfangs hat mein Bruder die Kneipe geführt, 1978 hat er sie an mich übergeben", erinnert sich Herbert Großkunz. Bis 2004 war er der Chef und seitdem sind es Tochter Katrin und Schwiegersohn Stefan Linsmeier. Ganz loslassen kann Herbert Großkunz nicht. Noch immer steht er seinen Kindern zur Seite. "Wir sind ein Familienunternehmen, wo jeder jedem hilft", sagt er mit einem Lächeln.

Bis 2004 wurde der Saal nicht genutzt, die Toilettenanlage musste auf den neuesten Stand gebracht werden. Arbeit, viel Arbeit für die jungen Leute. Fast 40 Jahre Leerstand hat im Saal seine Spuren hinterlassen, erinnert sich Katrin Linsmeier. Dem Parkett aus den 20er Jahren wurde in Eigeninitiative zu Leibe gerückt. "Ich kenne jede einzelne Diele, die ich abgeschliffen habe. Tagelang habe ich das Holz auf Knien bearbeitet, damit es so aussieht, wie es heute aussieht. Nämlich wunderschön", freut sich Katrin Linsmeier über das Ergebnis. Zwei Jahre hat die Renovierung gedauert und alle haben mitgeholfen. Zwei Theken wurden eingebaut, ein Durchbruch zur Küche ist entstanden und auch die Bühne ist wieder voll funktionstüchtig. Nach getaner Arbeit wurde der Saal 2006 wieder eröffnet.

Heute finden hier die unterschiedlichsten Veranstaltungen statt. Er bietet Platz für 80 Personen. Im Gastraum finden weitere 50 Personen Platz. Katrin und Stefan Linsmeier, die sich auf der Weißen Flotte in Magdeburg kennen lernten, würden sich wünschen, dass noch mehr Frecklebener den Saal für Feiern jeglicher Art nutzen würden. Bisher seien es mehr Auswärtige. Der Männergesangverein nutzt die Räumlichkeiten schon seit 1920 für seine Proben, freuen sich die Inhaber, die am kommenden Wochenende mit vielen Gästen den 100. Geburtstag der "Kneipe" Großkunz feiern wollen.