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Salzlandkreis Salzlandkreis: Fahrerflucht auf eisglatter Straße

Von DETLEF VALTINK 20.07.2010, 16:18

ASCHERSLEBEN/MZ. - Am 25. Januar dieses Jahres war der 64-jährige Hans-Jürgen W., Lkw-Fahrer aus Lingen, bei eis- und schneeglatten Straßen in Schackenthal unterwegs. Kurz nachdem er seine Fracht an den Bestimmungsort gebracht hatte und sich auf die Heimfahrt begeben wollte, passierte Hans-Jürgen W. das, was in jenen Tagen zig Kraftfahrern passierte. Aufgrund die widrigen Straßenbedingungen - Eis und Schnee auf der Fahrbahn und an den Rändern hatten die Straße eingeengt - kam sein Auflieger in einer Kurve zu weit auf die andere Straßenseite.

Pech für den Lingener - genau in diesem Moment kommt ihm ein Toyota entgegen, der ausweichen muss und dabei über die gefrorenen Schneehaufen auf die Bordsteinkante fährt. Menschen werden bei diesem Unfall nicht verletzt, aber der Lack am Toyota hat Kratzer abbekommen. Ein Schaden von 328,86 Euro, den der Versicherer des Lkw wenig später anstandslos reguliert.

Damit wäre die Sache eigentlich aus der Welt, wenn Hans-Jürgen W. nicht unerlaubt den Unfallort verlassen und auch auf die Polizei gewartet hätte. Die war eigentlich schon vor Ort, denn der Toyota-Fahrer war der 42-jährige Schackenthaler Jan S. - ein Polizeibeamter, der seinen Dienst im Revier Aschersleben versieht.

Da Jan S. in Zivil unterwegs war und nach Meinung von Hans-Jürgen W. sich auch nicht ausgewiesen hatte, fühlte sich der Lingener nicht angehalten, dem Schackenthaler zu vertrauen. "Der hat mir Angst eingejagt und wie wild am Führerhaus geschüttelt", schilderte Hans-Jürgen W. jetzt vor dem Strafgericht in Aschersleben. Wo er sich zu der Fahrerflucht zu verantworten hatte, weil er gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte. Denn das Gericht hatte ihn dafür bereits mit einer Geldstrafe zur Verantwortung gezogen. So gestand der Lingener gegen- über Richterin Elke Plaga ein, dass seine "Flucht" ein Fehler gewesen sei.

"Ich habe gedacht, der packt mich", begründete Hans-Jürgen W., warum er das Weite gesucht hatte. Erst später wurde er auf der A 14 von der Polizei gestellt und verhört. Zuvor habe ihn Jan S. verfolgt und mehrfach versucht, ihn auszubremsen. "So etwas habe ich in den 40 Jahren, wo ich Lkw fahre, noch nie erlebt", entrüstet sich der Lingener, der gegen Jan S. mittlerweile auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gestellt hat.

Doch der Schackenthaler Polizist kann das nicht nachvollziehen. Seit 1992 sei er im Dienst und es habe noch nie eine Beschwerde gegeben. Er schildert dem Gericht, dass ganz im Gegensatz zu den Aussagen von Hans-Jürgen W. dieser nicht gerade feinsinnig mit der Situation umgegangen sei. "In mein Auto kommt kein Bulle" und "Im Osten sind in Zivil alles nur falsche Polizeibeamte", waren Sätze, die er vernommen hat. Und Angst hätte Hans-Jürgen W. vor ihm keine haben müssen, sondern einfach nur auf die "richtige" Polizei warten müssen.

Da andere Zeugen kein Licht in das Dunkel der unterschiedlichen Aussagen bringen konnten, regte Richterin Elke Plaga an, das Verfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung einzustellen. Zumal sie den Eindruck gewonnen habe, dass der Angeklagte und der Zeuge etwas hitzköpfig seien. Da die Staatsanwaltschaft und Hans-Jürgen W. dem Vorschlag zustimmten, muss der Lingener jetzt 150 Euro an die Rettungsstiftung Jürgen Pegler in Heilbronn zahlen.

Die Rettungsstiftung engagiert sich seit Jahrzehnten auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit. Sie hat nach eigenen Angaben seit 1976 unter anderem bundesweit über 3 500 Notrufsäulen aufgebaut.