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Salzlandkreis Salzlandkreis: Alleskönner Arxula bringt Preis ein

Von regine lotzmann 19.01.2012, 21:29

gatersleben/MZ. - ’86 war es, als Gotthard Kunze nach Gatersleben kam. Bereits promoviert, fand er Gefallen an dem Angebot des Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) - zumal auch eine Wohnung zur Verfügung gestellt wurde, die der dreifache Familienvater gut gebrauchen konnte. Mit im Gepäck hatte der studierte Biologe die Hefe Arxula adeninivorans, die die Gaterslebener Forscher inzwischen liebevoll ihr "Haustier" nennen. "Ich habe sie von Greifswald hergebracht und angefangen, sie weiterzuentwickeln - nun ist sie so weit, dass sie auch in der Anwendung genutzt werden kann, es handfeste Produkte gibt", freut sich Kunze. Beinahe ein Lebenswerk also, für das der Leiter der Arbeitsgruppe Hefegenetik nun den Forschungspreis Sachsen-Anhalts für angewandte Forschung erhielt.

Dass ihm bei seiner Arbeit talentierte und einfallsreiche Helfer zur Seite stehen, hat der 58-Jährige vor allem seinen guten Verbindungen zur Lehre zu verdanken. "Ich habe eine Honorarprofessur in Köthen, dort etwa 100 wissenschaftliche studentische Arbeiten betreut und jedes Jahr kommen viele meiner Studenten hierher nach Gatersleben, um ein Praktikum zu machen", erzählt der Professor, der seit der Wende an der Hochschule Anhalt Vorlesungen hält: über Molekulargenetik und Biosensoren.

Und auch zu seiner alten Universität hält der gebürtige Oberwiesenthaler noch Verbindung. "Ich habe 1996 eine Privatdozentur an der Uni Greifswald bekommen - das hat den Vorteil, dass meine Doktoranden dort promovieren, also ihren Doktor machen können", nennt er das gute Zusammenspiel zwischen Forschungs- und Ausbildungseinrichtung.

Und so hat der Professor inzwischen sicher auch bei einigen seiner Studenten die Leidenschaft für Arxula adeninivorans geweckt. Die ist nämlich ein wahres Allround-Genie und gilt als äußerst robust. Früher wurde sie einfach nur als Futterhefe genutzt, doch heute kann sie weitaus mehr. "Wir können zum Beispiel mit Hilfe der Hefe bestimmte Substanzen synthetisieren", kommt der Professor auf n-Butanol zu sprechen. "Das ist eine Ausgangssubstanz für die chemische Industrie und auch als Kraftstoff geeignet. Es ist deutlich leichter transportierbar und hat mehr Energie als Ethanol."

Doch auch einen Nachteil hat der Wunderstoff: "Er kann bisher nur von Bakterien synthetisiert, also hergestellt werden - unter strengsten Bedingungen, ganz ohne Sauerstoff", erklärt Gotthard Kunze und meint: "Das ist nicht einfach zu realisieren, extrem teuer und die Ausbeute ist relativ gering." Und genau hier kommt nun seine Arxula ins Spiel: "Wir streben an, das n-Butanol künftig auf Basis der Hefe zu synthetisieren." Dazu überführen die Forscher die entsprechenden Gene der Bakterien in die Hefe. "Jetzt muss sie nur noch so maßgeschneidert werden, dass sie das Butanol unter geeigneteren Bedingungen herstellen kann, wo ein bisschen Sauerstoff nicht schadet."

Das ist laut Gotthard Kunze übrigens eine Kooperation zwischen Industrieunternehmen und akademischen Einrichtungen: "Wir machen hier die Hefestammkonstruktion und die Hochschule Anhalt in Köthen ist für die Fermentation zuständig." Hinzu kommen die Industriepartner Jäckering Mühlen- und Nährmittelwerke GmbH und ACS Agrochemische Systeme GmbH, die eine solche Hefe am Ende auch nutzen können.

Doch bis dahin ist es noch ein schönes Stück Arbeit. "Wir müssen jetzt versuchen, dass die Abläufe stabil sind, müssen wissen, wie viel Sauerstoff dabei sein darf, damit Butanol entsteht." Zudem gilt es gezielt Mutationen durchzuführen, die in der Hefe die Ethanolbildung unterbinden, damit man n-Butanol und Ethanol am Ende nicht wieder mühsam voneinander trennen muss. Und zu sehen, welches Gen dafür zuständig ist, welche Auswirkungen das auf die Hefe hat. "Denn die muss trotzdem voll aktiv sein." Und darf auch nicht sterben. Zumal Butanol in hohen Konzentrationen toxisch ist.

Ein weites Feld also, dass es da noch zu beackern gibt. Das Preisgeld - immerhin 10.000 Euro - leisten da gute Hilfe.